Der Blick gleitet die hohe Backsteinfront des Gebäudes auf dem alten Seilwolff-Gelände empor. Noch ist dort kein Hinweis darauf auszumachen, dass hinter diesen Mauern ein Ort entsteht, an dem die heitere Bühnenkunst ein Zuhause finden soll.
Und zwar schon bald: Am 13. September öffnet das Theater Rhein Neckar in Mannheim-Neckarau seine Pforten, mit der Uraufführung von "Let's fetz - der Show-Kracher". Für Regie und Buch zeichnet Markus Beisel verantwortlich - der zugleich auch die treibende Kraft, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter des neuen Theaters ist.
Im Inneren laufen indes die Sanierungs- und Umbauarbeiten auf Hochtouren, wie wir bei einem Rundgang mit Beisel durch das von hohen Decken gekrönte, 800 Quadratmeter große Obergeschoss feststellen. Hier entstehen Büros, ein geräumiges Foyer und ein 199 Plätze fassender Bühnensaal. "Theater-Komödie-Revue-Comedy-Travestie" werden die Zuschauer künftig in der Angelstraße 33 erleben können, erfährt, wer die Internetseite des Hauses besucht.
"Kein Nachdenktheaterstück"
"Aus der Sicht des Gastes möchte ich etwas anbieten, wofür man nicht ins SI-Center nach Stuttgart fahren muss", erläutert Beisel seine Vision: "Nämlich dieses Musikalische, aber eben auch Bunte, Unterhaltsame. Ich möchte kein Nachdenktheaterstück anbieten", so der Schauspieler, Autor, Regisseur und Travestiekünstler, der vielen vor allem auch durch seine Arbeit am Mannheimer Oststadttheater und durch seine Paraderolle als "Céline Bouvier" bekannt sein wird. "Und aus der anderen Sicht des Schauspielers, von meinen Kollegen: Wir haben so viel Potenzial in Mannheim, so viele Sänger und Schauspieler, die hier gerne bleiben möchten, aber hier nicht ihre Brötchen verdienen können".
Im Januar 2011 hatte der 33-Jährige das Oststadttheater verlassen, "ich kam künstlerisch damit nicht zurecht", erklärt er seinen Abschied nach sechs Jahren. Zunächst hatte er anvisiert, in einem alten Kino in Viernheim ein Kleinkunsttheater aufzumachen - was aber an der Finanzierung gescheitert sei - und sich dann im Februar die damaligen Lagerräume des Clubs MS Connexion auf dem Seilwolff-Gelände angesehen. Hiernach ging alles sehr rasch: Zusammen mit einem Geschäftspartner gründete Beisel die Rhein Neckar Theater GmbH, trommelte befreundete Kollegen zusammen und begann, die Einnahmen aus der von ihm entwickelten "ABBA Hallo!"-Show und seinen Céline-Bouvier-Auftritten in das Theater zu investieren.
Im April begannen in Eigenregie die Baumaßnahmen in den angemieteten Räumen. Susan Horn, Marion La Marché, Irena Moser-Müller, Ewa Niren, Frank Walrab und Michael Hanreich zählen zum Kern-Ensemble des Hauses, dazu kommen 20 bis 30 Mitstreiter, die hinter den Kulissen aktiv sind, berichtet Beisel.
Im Eröffnungsmonat steht en suite "Let's fetz", im Oktober daneben auch "ABBA Hallo! - die Gute Laune-Revuelette" und "Céline Bouviers Wechseljahre" auf dem Spielplan. Im November und Dezember kommt (im Foyer) "Oma Inge's Weihnachtstraum" dazu.
Neben Angeboten wie Intendantenbrunch, Theatertalk, Tage der offenen Tür, öffentlichen Proben und Kleinkunstveranstaltungen im Foyer will Beisel einer weiteren Sparte zukünftig eine Spielstätte bieten: dem Kindertheater. Zwar fehle ihm im Zuge der Neueröffnung und Umbauarbeiten gegenwärtig die Zeit dafür, aber im Herbst nächsten Jahres will er damit beginnen; ein Stück hat Beisel schon geschrieben. "Es ist wichtig, Kindern einen guten Eindruck von Theater zu vermitteln", betont er. Und für alle Jahrgänge gilt: "Die Leute sollen weg vorm Fernseher, runter von der Couch und ein Live-Erlebnis haben".
Aber könnte sich die nicht eben zentrale Lage des Theaters als problematisch erweisen? "Ich glaube, dass es schon eine Menge Arbeit sein wird, den Leuten beizubringen, dass in Neckarau etwas stattfindet", räumt er ein. Gleichzeit weist er auf die Vorzüge der Örtlichkeit hin: "Bequemer kann man es ja kaum haben - die Straßenbahn hält direkt davor, der Zug, der Bus", zudem gebe es unmittelbar vor der Tür und in der Umgebung kostenlose Parkmöglichkeiten.
Außerdem ist das Theater per Fahrstuhl barrierefrei zu erreichen: "Darauf haben wir schon früh mit der Architektin ganz großen Wert gelegt", betont Beisel.
Der 33-jährige Autor, Schauspieler und Regisseur Markus Beisel ...
Der 33-jährige Autor, Schauspieler und Regisseur Markus Beisel wurde in Mannheim-Neckarau geboren.
Er absolvierte eine Ausbildung an einer privaten Ludwigshafener Schauspielschule und in Mannheim ein Magisterstudium der Romanistik und Anglistik.
Mehrere Jahre spielte er am Ludwigshafener Prinzregententheater, anschließend wirkte er als Schauspieler und Regisseur am Mannheimer Oststadttheater.
2002 präsentierte er sein Céline-Bouvier-Solo "Miststück".
Das Rhein Neckar Theater liegt in der Angelstraße 33 (Zufahrt "Alte Seilerei") in Neckarau. Eröffnung ist am Donnerstag, 13. September, 20 Uhr, mit dem Stück "Let's fetz - der Show Kracher".
Infos unter www.rhein-neckar-theater.de. mav
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-kultur-wir-haben-so-viel-potenzial-_arid,380386.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/neckarau.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/neckarau.html