Jazz

Wesley G. spielt Wes Montgomery

So viel Daumen wie nur geht: Das Wesley G. Quartett gastierte mit einem besonderen Tribute zum 100. Geburtstag Wes Montgomerys im Mannheimer Ella & Louis

Von 
Hans-Günter Fischer
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In Wiesbaden geboren, heute lebt er in Neustadt: Wesley G. © Ella & Louis

Um die 60 Jahre liegt es jetzt zurück, dass Wes Montgomery dem Jazzgitarrenspiel gewissermaßen neue Saiten aufgezogen hat. Die Jüngeren werden sich also kaum daran erinnern.

Deshalb ist es ausgesprochen sinnhaltig, wenn Wesley G. im vollbesetzten Mannheimer Ella & Louis die spezielle Technik von Montgomery kurz demonstriert: Anstatt ein Plektrum zu benutzen, zupfte er die Saiten mit dem rechten Daumen. Anfangs machte er das nur, um seine Nachbarn weniger zu stören, denn Autodidakt Montgomery – er konnte übrigens nie Noten lesen – übte viele Stunden lang. An jedem Tag.

So kam ein warmer, wahrhaft individueller Sound zustande, der für viele Gitarristen nach ihm eine Richtschnur wurde.

Daran sollten wir uns jetzt erinnern: Anfang März gilt es, den 100. Geburtstag Wes Montgomerys zu feiern, eines Jazzheroen, der bereits mit 45 an den Folgen eines Herzinfarkts verstarb. Das war im Jahre 1968, und schon fast genauso lange ist es her, dass Wesley G. im Kindesalter diesem unverwechselbaren Klang begegnet ist, wie er im Mannheimer Konzert erzählt. Er habe das als prägende Erfahrung im Gedächtnis – „wie das erste Mal Nutella essen“.

Ob er damit auch den späten Wes Montgomery beschreiben will, der hinzunehmen hatte, dass die Plattenproduzenten seinen Sound häufig mit allzu süßen Streicher-Arrangements glasierten?

Wesley G. (der einen ziemlich bürgerlichen deutschen Namen hat) spielt lieber in Quartettbesetzung. Er ist Traditionalist, sein zweiter Leit-stern neben Wes Montgomery ist Django Reinhardt. Mit dem Daumen zupft er seine Saiten nur gelegentlich, es ist sehr anstrengend. Aber das untrügliche Timing, das Montgomery gerade in Balladen offenbarte, hat er auch. Wie nicht bloß seine sämtliche Gefühlsregister aktivierende Solokadenz in „Come Rain Or Come Shine“ verdeutlicht.

Sein Quartett ist gut besetzt: Das Saxofon bedient Alberto Menendez, und der „steht auf altem Bebop-Kram“, sagt Wesley G. – bringt also auch mal ein paar harte Phrasen in das melodienselig weiche Klanggemisch.

Auch Schlagzeuger Jean-Marc Robin beherrscht die raue, schnörkellose Spielart. Während Jean-Yves Jung aus seiner alten Orgel eine wahre Wärmequelle macht. Eine Erinnerung an Zeiten, als Maschinen menschlicher geklungen haben.

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