„Wer in einer Band mit Jim Morrison war, ist ein für alle Mal kuriert - der hatte genug Sänger für den Rest seines Lebens. Mal abgesehen davon: Wer, bitte, sollte ihn übertreffen?“ Es folgt ein lautes Kichern. Kein Frage: Für seine 78 Lenze ist Robert Alan Krieger, genannt Robby, topfit - zumindest geistig. Körperlich hingegen ist der weißhaarige Ausnahmegitarrist seit Jahrzehnten stark angeschlagen. Davon zeugen ein ausgemergelter Körper und eingefallene Gesichtszüge. „Zuletzt hatte ich Probleme mit Hautkrebs. Und jetzt pflege ich meine kranke Frau - ihr geht es nicht gut.“
The Soul Savages: ein Quartett aus gestandenen Cracks
Was den gebürtigen Kalifornier nicht daran hindert, seinen inneren Workaholic auszuleben: Er malt großflächige, bunte Bilder, die sich zumeist um musikalische Motive drehen, hat 2021 seine Autobiografie „Set The Night On Fire“ veröffentlicht, kümmert sich ums Erbe der Doors und hat unlängst auch noch eine neue Formation gegründet: The Soul Savages. Ein Quartett, das neben ihm aus gestandenen Session-Cracks wie Kevin „Brandino“ Brandon (Bass), Franklin Vanderbilt (Schlagzeug) sowie Keyboarder Ed Roth besteht - und das Produkt pandemischer Langeweile ist. „Ich habe die Covid-Zeit genutzt, um mir ein neues Heimstudio einzurichten. Da die Jungs in der unmittelbaren Nachbarschaft wohnen und ziemlich Langeweile hatten, haben sie mir dabei geholfen. Als alles fertig war, fingen wir an, zu jammen - einfach, um zu testen, ob die Technik funktioniert. Das hat so großen Spaß gemacht, dass wir uns sagten: Warum nehmen wir nicht ein paar Songs auf?“
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Das Ergebnis ist keine Alte-Herren-Musik, sondern es sind zehn imposante, überraschend frisch anmutende Grenzgänge zwischen Funk, Soul, Blues und Rock - facettenreich, groovig, verspielt, mitunter sogar richtig poppig. Also längst nicht so experimentell und jazzlastig wie Kriegers letzter Alleingang „The Ritual Beginns At Sundown“ von 2020, als er mit ehemaligen Zappa-Mitstreitern gearbeitet hat. The Soul Savages geben sich zugänglicher, kompakter und kraftvoller - setzen aber ebenfalls auf rasante Stil- und Tempi-Wechsel sowie geballte Improvisation.
Ich lasse mich von der Musik treiben und schaue, wohin sie mich führt.
Einfach, so Krieger grinsend, weil das bei ihm dazugehöre: „Im Grunde verfolge ich noch denselben Ansatz wie vor 50 Jahren“, sinniert der Mann, der Rockklassiker wie „Light My Fire“ zu verantworten hat. „Ich lasse mich von der Musik treiben und schaue, wohin sie mich führt. Außerdem spiele ich lieber atmosphärische Parts als mich an endlosen Soli zu vergehen. Dieses Gitarren-Gegniedel finde ich schrecklich - es erinnert mich an Zahnärzte, die jedes verdammte Loch füllen. Da bekommt man doch Ohrenschmerzen.“
Worauf Krieger ebenfalls verzichtet: Songtexte und Gesang. Denn: „Ich bin der Meinung, dass man eine Stimmung oder ein Gefühl auch rein instrumental vermitteln kann. Dass die Gitarre oder die Orgel problemlos die menschliche Stimme zu ersetzen vermögen. Und da sämtliche Mitglieder meiner Band mit berühmten Frontmännern wie James Brown oder Lenny Kravitz gearbeitet haben, genießen wir es, einfach mal ohne auszukommen.“
Robby Krieger hat mehr Geld verdient, als er je ausgeben kann
So, wie es Krieger seit Juli 1971, dem Tod von Doors-Sänger Jim Morrison in Paris, vorexerziert - mit bislang acht Solo-Alben, die lediglich auf Sounds setzen. „Ganz ehrlich? Ich könnte mir nichts anderes mehr vorstellen. Und ich habe keine Lust auf Egos, Exzesse oder kryptische Texte. Ich will nur noch gute Musik - oder zumindest das, was sich in meinen Ohren so anhört.“
Die spielt er vorzugsweise am Wochenende - in Clubs und kleinen Theatersälen im Großraum Los Angeles. Damit verdiene er zwar kein Geld, aber davon habe er nach 100 Millionen verkaufter Doors-Alben ohnehin mehr, als er je ausgeben könne. Und auch das Debüt der Soul Savages müsse kein Bestseller werden - es reiche, wenn es bei der Kritik, bei Musiker-Kollegen und bei Fans wohlwollend aufgenommen würde.
Robby Krieger macht sein eigenes kleines Ding - aus Spaß, und nur deshalb
Das ist der Luxus, dem ihm seine sechs wilden Jahre mit den Doors ermöglichen. Eine Band, auf die er immer noch wahnsinnig stolz ist. Sogar so stolz, dass er nie Ambitionen hatte, den Erfolg der späten 60er mit einer anderen Band wiederholen zu wollen. „Eine Zeit lang habe ich mit Eric Burdon gespielt - doch das war nichts für mich“, so Krieger. „Ich schätze, die Doors waren derart speziell, dass sich das, was wir gemacht haben, halt nicht wiederholen lässt. Oder dass ich schlichtweg nicht mehr mit anderen Sängern arbeiten kann. Deshalb mache ich mein eigenes kleines Ding - aus Spaß, und nur deshalb.“ Das nennt man wortlos glücklich.
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