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Vor Konzert in Ludwigshafen: Pianistin Claire Huangci im Interview

Pianistin Claire Huangci gastiert mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz im BASF-Feierabendhaus in Ludwighshafen. Im Interview erklärt sie, warum russische Komponisten weiterhin aufgeführt werden sollten

Von 
Uwe Rauschelbach
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Claire Huangci hat bereits mehrfach mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz gespielt. © Mateusz Zahora

Ludwigshafen. Die amerikanische Pianistin Claire Huangci hat bereits mehrfach mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz gespielt. Am Mittwoch und Donnerstag, 17. und 18. April, gastiert sie im Ludwigshafener BASF-Feierabendhaus mit Tschaikowskis erstem Klavierkonzert in b-Moll. Claire Huangci lebt in Frankfurt am Main und bezeichnet sich selbst als Künstlerin, der der Kontakt zum Publikum besonders wichtig ist.

Frau Huangci, Sie sind bekannt für Ihr ungewöhnlich breites Repertoire. Wie kam es dazu?

Claire Huangci: Als Studentin habe ich viele Pianistinnen und Pianisten kennengelernt. In diesen Jahren habe ich die unterschiedlichsten Stücke gehört, und ich wollte möglichst viele dieser Werke kennenlernen und selbst einmal spielen. Das habe ich dann auch getan, und ich habe mir auf diese Weise eine großes Repertoire erarbeitet, auf das ich zurückgreifen kann, wenn ich Konzerte vorzubereiten habe.

Entscheiden Sie da intuitiv oder stellen Sie sich die Frage, was für dieses oder jenes Konzert gerade gefragt sein könnte?

Huangci: Ich entscheide hauptsächlich nach Gefühl. Inzwischen habe ich meine musikalische Sprache gefunden, in der ich mich ausdrücken kann und die mir hilft, mich mit bestimmten Stücken besonders wohlzufühlen. Aber das wechselt eben auch, zum Beispiel von Bach und Scarlatti zu Mozart und Schubert. Auch Chopin ist ein Schwerpunkt. Und natürlich ist das Publikum wichtig. Ich will wissen, wer die Menschen sind, vor denen ich spiele. Ohne das Publikum sind wir Künstler schließlich gar nichts.

Ihre Karriere hat schon in der Kinderzeit begonnen. Manche Karrieren überstehen solche Herausforderungen nicht unbeschadet. Wie haben Sie das geschafft?

Huangci: Meine Eltern sind keine Musiker. Sie haben mich zwar zum Üben angehalten und haben für meine Ausbildung gesorgt, aber ich bin, wie alle anderen Kinder auch, zur Schule gegangen und habe Abitur gemacht. Die Musik war nicht meine einzige Beschäftigung, wenn sie natürlich auch viel Raum eingenommen hat. Ich bin auf dem Boden geblieben und habe die Entscheidung, eine Musikkarriere einzuschlagen, im Alter von 17 Jahren aus freier Wahl getroffen.

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Was muss man als Pianistin bieten, um sich in einem internationalen Markt und gegen eine riesige Konkurrenz zu behaupten?

Huangci: Es hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert, vor allem was die mediale Präsenz betrifft. Online-Auftritte, die Möglichkeit, Musik zu streamen - das gab es vor wenigen Jahren noch nicht. Wichtig ist mir aber die persönliche künstlerische Sprache, die mich von anderen Musikerinnen und Musikern unterscheidet. Man muss heute etwas zu sagen haben, um beachtet zu werden. Die Verbindung zum Publikum ist wichtiger denn je. Außerdem setze ich mich für junge Nachwuchsmusiker ein; so biete ich Online-Tutorials an und leite Jugendorchester.

Inwieweit sind Sie auch als Dirigentin aktiv?

Huangci: Ich würde mich nicht als Dirigentin bezeichnen. Aber ich liebe es, vom Klavier aus ein Kammerorchester zu leiten. So wie es früher, in der Barockmusik oder in der Klassik, üblich war. Und auch bei symphonischen Klavierkonzerten ist mir der Austausch mit dem Orchester wichtig. Ich achte sehr darauf, wenn die Flöte oder das Cello ein Solo hat und schätze solche instrumentalen Dialoge.

Die amerikanische Pianistin Claire Huangci

  • Claire Huangci, Tochter amerikanischer Eltern chinesischer Abstammung, hat ihre internationale Karriere im Alter von neun Jahren begonnen.
  • Dazu gehörten erste Preise bei Musikwettbewerben sowie Konzertauftritte in New YorkTokioHamburg oder Salzburg.
  • Claire Huangci lebte seit 2007 zunächst in Hannover, inzwischen ist sie in Frankfurt am Main zu Hause.
  • In diesem Jahr tritt sie im Rahmen einer Europa-Tournee als Solistin und Dirigentin in Wien und Salzburg auf.
  • Das Konzert mit Claire Huangci und der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Chefdirigent Michael Francis am Mittwoch und Donnerstag im Ludwigshafener BASF-Feierabendhaus beginnt jeweils 20 Uhr.
  • Auf dem Programm stehen Tschaikowskis Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll und dessen Fünfte Symphonie e-Moll.
  • Eine Konzerteinführung beginnt um 19 Uhr

Sie leben in Frankfurt, warum nicht in New York oder Tokio?

Huangci: Ich bin kein Fan der Großstadt. Ich bin in einem kleinen Dorf bei Philadelphia aufgewachsen. Frankfurt ist einerseits Metropole, aber es hat auch einen kleinstädtischen Charakter. Das gefällt mir. Aber der Hauptgrund, warum ich 2007 nach Deutschland gekommen bin, war mein Interesse an europäischen und deutschen Komponisten. Ich wollte in dieser Atmosphäre und dieser Tradition leben, um eine genauere Vorstellung von den Werken zu bekommen.

Was macht den besonderen Reiz aus, sich mit einem vielgespielten Klassiker wie Tschaikowskis Klavierkonzert zu beschäftigen?

Huangci: Das Werk steht auf der Wunschliste eines jeden Pianisten. Es ist wahnsinnig schöne Musik. Man muss es einfach gespielt haben. Sicher auch, um sich selbst zu beweisen, dass man es kann. Ich habe das Stück 2014 einstudiert. Es ist mir damals relativ leicht gefallen, weil ich es im Ohr hatte. Die Herausforderung bestand aber darin, meinen eigenen Ausdruck zu finden. Das hat dann doch ziemlich lange gedauert.

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Welchen persönlichen Bezug haben Sie zu diesem Stück?

Huangci: Ich betrachte es eher als eine Symphonie denn als ein typisches Klavierkonzert. Und es hat eine Art musikalische Naivität und Unschuld, die ich sehr reizvoll finde.

Soll man russische Komponisten wie Tschaikowski überhaupt noch aufführen?

Huangci: Kurz nach dem Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine hatte ich einen Auftritt mit meinem Trio in der Schweiz. Wir wollten das Klaviertrio in a-Moll von Tschaikowski spielen. Der Veranstalter bat uns, das Programm zu ändern. Aber wir sind dabei geblieben. Die Botschaft dieser Musik ist doch: Es gibt Gutes, auch in Russland. Und mit dieser Botschaft ist eine Hoffnung auf eine bessere Zukunft verknüpft.

Sie haben bereits zweimal mit der Staatsphilharmonie gespielt. Wie war bisher Ihr Eindruck?

Huangci: Ja, ich habe mit dem Orchester sowohl das zweite Klavierkonzert als auch die Paganini-Rhapsodie von Rachmaninow aufgeführt. Ich schätze das Orchester außerordentlich, die Musiker sind engagiert und spielen absolut spitze. Auf den Tschaikowski freue ich mich deshalb sehr.

Freier Autor

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