Kunst - Heidelberger Galerie zeigt Cholud Kassem

Von Zeichen und Wudus

Von 
Christmut Präger
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Ein Ufo? Oder der Helm eines Riesen? Weder schnell noch eindeutig ist das Gebilde zu benennen, ebenso wie die anderen über 50 Ausstellungsstücke in der Heidelberger Galerie Vincke-Liepmann, die Cholud Kassem vor allem mit Acryl und Wachsmalkreide hergestellt hat. Dabei ist der Werkprozess vielfältig. Meist wird das Papier geknittert, gefaltet, wieder geglättet und auf Karton geklebt. Dann werden Linien und Farben aufgetragen, die wiederum überarbeitet werden. Der fast immer helle Bildgrund ruht auf dunkleren Farben und wird zusätzlich mit Strukturen versehen.

Alle Exponate gehören zu Serien, die seit dem Jahr 2000 entstanden sind und Titel tragen wie "Fühler und Geweihe", "Kleine Wudus" oder "dem Himmel sei Dank" - die einzelnen Werke sind jedoch unbetitelt. In diesen Reihen erforscht die Heidelberger Künstlerin auch die Bereiche von Schutz und Gewalt und im übertragenen Sinn von Gut und Böse. Die symbolhaften Elemente sind klar geformt und entwickeln eine Kraft, weil wir das Gesehene einordnen wollen. Manche der Zeichen erinnern an bekannte Gegenstände wie Helme, Waffen oder Schilde. Andere umspielen das Thema Kreis und lassen an Ketten und Schmuckstücke denken.

Neu die Welt sehen

In der Serie "...es sei denn, was außen ist" sind kleiderartige Formen zu erkennen, verziert durch Ornamentschablonen - hier beschäftigt sich Kassem mit den Kleidungsvorschriften des Korans für die muslimische Frau. Aber es gelingt nicht immer, eine direkte Erklärung zu finden. Die "Kleinen Wudus" sind maskenhafte Gebilde, zu Paaren angeordnet. Die wenigen, in feinsten Tuschstrichen gezeichneten Details wie Mund, Augen, Kopfschmuck lassen auch Humorvolles anklingen, etwa in der Charakterisierung von Mann und Frau. Mit ihren Werken ermöglicht uns Kassem, die Welt neu zu sehen - und in gewisser Weise auch einen Blick hinter die Oberflächen des Guten und des Bösen.

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