Gerade werden einige Mannheimer Künstlerinnen und Künstler überregional bekannt, bekommen Stipen-dien sowie Ausstellungen und das, obwohl sie über der magischen Altersgrenze von 40 Jahre liegen – ein Alter, in dem Künstlerinnen und Künstler längst nicht mehr zur jungen Generation gehören. Im Kunstbetrieb ist es so, dass die Kreativen in der Regel mit 25 bis 30 Jahren ihr Studium beenden. Dann kommen noch Stipendien oder Künstlerresidenzen hinzu, die gut laufen und die Karriere befördern können, aber um das Alter von 40 Jahren herum wird es schwieriger. Etliche Mannheimer Künstlerinnen und Künstler sind gerade in dieser Lebensphase.
Stipendien in Paris und Brasilien
Beginnen wir bei Konstantin Voit (Jahrgang 1964), dem Direktor der Malfabrik und Besitzer von etwa 10 000 Malschablonen, der im Sommer 2018 ein halbjähriges Stipendium an der renommierten Cité internationale des Arts in Paris erhielt. In der Cité war er dann hauptsächlich von etwa 30-Jährigen umgeben, deren Leben er nicht unbedingt teilte, aber tagsüber – vor allem im Sommer – war er viel unterwegs, vom Zentrum der Stadt bis an die Peripherie.
Für ihn war dies, wie er sagt, eine spannende Zeit, die eine neue konzeptuelle Kunstserie zur Folge hatte, ihm aber auch klar machte, wie gut sein heimatlicher Standort Mannheim ist: Hier lebt er viel näher an der Natur, die er nach eigener Aussage in Paris am meisten vermisst hat. Im kommenden Jahr ist er an acht Ausstellungen beteiligt, eine Galerie vertritt ihn, die Dinge haben sich also gut entwickelt.
Ebenfalls mit Hilfe eines Stipendiums kam Barbara Hindahl nach Brasilien: Die 1960 geborene Künstlerin verbrachte in der Fondacao de Arte Marcos Amaro (FA-MA) in Itu im Bundesstaat São Paolo vier kühle Wochen im August – während es in Mannheim brütend heiß war. Sie realisierte eine ihrer Arbeiten mit Klebeband, die bei den Betrachtenden zu einem Perspektivwechsel im Denken führen können. Neu bei dieser speziellen Variante war, dass die Besucher mit einem Kamerahelm umher laufen konnten. So geriet auch die Wahrnehmung der Zeichnungen in Bewegung. Eine aufregende Arbeit.
Normalerweise lehrt die Künstlerin an der Hochschule in Hannover „Künstlerisches Arbeiten“ und war letztes Jahr in etlichen Ausstellungen vertreten. 2016 erhielt sie den Heinrich-Vetter-Preis (gemeinsam mit Bernhard Sandfort).
Vetter-Preisträgerin Ana Laibach
Dass Ana Laibach eine der wichtigen Künstlerinnen in Mannheim ist, zeigt sich aktuell nicht nur daran, dass der 1966 Geborenen vor kurzem für die durchgängige künstlerische Qualität ihres Werkes der diesjährige Heinrich-Vetter-Preis verliehen wurde (bis 17. März läuft noch die entsprechende Schau im Mannheimer Raum für Gegenwartskunst Port 25). Auch die Vielzahl ihrer Einzelausstellungen spricht dafür. Zudem unterrichtet die Malerin und Zeichnerin seit Januar 2018 an der Uni Landau als künstlerische Mitarbeiterin. Und sie hält schon lange beim Bezirksverband Bildender Künstler (BBK) in Mannheim die sogenannte Winterakademie ab und in Marburg die Sommerakademie, ein ganz ähnliches Projekt für künstlerisch Interessierte.
Die Videokünstlerin Ruth Hutter nimmt eine Zwischenstellung ein: Einerseits leitet sie das Festival „Girls Go Movie“, in dem jungen Frauen und Mädchen das Handwerkszeug zum Filmemachen beigebracht wird. Andererseits ist sie als Künstlerin weiter aktiv, 2018 hatte sie ein dreimonatiges Stipendium des Landes Rheinland-Pfalz für Goyang in Südkorea, wo sie auch ausstellte. Mannheimer Kreative sind eben oft auf Reisen.
Erfolgreiche Künstlerinnen und Künstler aus Mannheim und ihre Fördereinrichtungen
- Barbara Hindahl: geb. 1960 in Rheinhausen (Ruhrgebiet), 1984-1990 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Peter Ackermann.
- Ruth Hutter: geb. 1965 in Ludwigshafen, 1994-2001 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig bei Marina Abramovic und Birgit Hein.
- Ana Laibach: geb. 1966 in Braun-schweig, 1998-2002 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Max Kaminski.
- Konstantin Voit: geb. 1964 in Mannheim, 1989-1996 Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg bei Sigmar Polke.
- Cité internationale des Arts Paris (CIA), Atelier- und Wohnkomplex für etwa 300 Kunstschaffende in Paris. Die Stipendien erteilen die Bundesländer, normalerweise für sechs Monate.
- FAMA (Fondacao de arte Marcos Amaro): Vierwöchiges Stipendium, normalerweise für Kunstschaffende aus Brasilien, Barbara Hindahl war die erste ausländische Künstlerin vor Ort.
- Heinrich-Vetter-Preis: Der Mannheimer Kunstpreis der Heinrich-Vetter-Stiftung wird alle zwei Jahre durch eine Jury vergeben. Er besteht aus einem Preisgeld von 10 000 Euro, einer Katalogförderung in Höhe von 5000 Euro und einer Ausstellung im Port 25 – Raum für Gegenwartskunst.
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