Hohenloher Kultursommer - Kölner Kultband „Höhner“ eröffnete mit der „festival-philharmonie westfalen“ mitreißend das Weikersheimer Musikfest

Viel mehr als eine Karnevalskapelle

Von 
ferö
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Auf Hitze folgte „Nieselrään“, doch die Kölner Kultband „Höhner“ war weit davon entfernt, ihren Fans beim Open Air-Auftritt im Weikersheimer Schlosspark weitere kalte Duschen zuzumuten. Ganz im Gegenteil: Der Himmel hatte nachmittags ein Einsehen und sorgte für einen herrlichen Sommerabend. Beim Sonderkonzert des Hohenloher Kultursommers „Höhner Philharmonics“ mit der „festival:philharmonie westfalen“ unter der Leitung von Ingo Ernst Reihl schwappte die sprühend gute Laune-Welle von Frontmann und Moderator Henning Krautmacher und seinen sechs Bandmitgliedern bei allen bekannten Hits und überwiegend kölschen Cover-Versionen alter Schlager rasch auf das Publikum über.

Ihr Handwerk beherrschten Krautmacher (Gesang, Rhythmusgitarre), Patrick Lück (Gesang), Freddi Lubitz (Bassgitarre), Edin Colin (Leadgitarre), Jens Streifling (Gesang, Gitarre, Mandoline und Saxophon), Heiko Braun (Schlagzeug) und Micki Schläger (Keyboard) herzerwärmend. Locker widerlegten die „Höhner“ die letzten Skeptiker unter den 600 Zuhörern, im Grunde nur eine Truppe zur Bespaßung rheinischer Jecken zu sein. „Was wäre, wenn ein Lächeln mehr wert wär´als jede Drohung einer fremden Macht?“ war so ein Hit, der für Gänsehaut-Momente sorgte.

Kölsche Pass gesucht

Vor seinem Song „Kölsche Pass“ war der Sänger mit dem markanten Schnäuzer leicht irritiert, weil auf seine Frage, wer denn den Kölner Identitätsnachweis besitzt, vereinzelt sich Hände streckten, doch niemand den Pass dabei hatte: „Dat jiddet doch janit“, meinte er angesichts dieser Schlamperei. Die „Ermahnung“ folgte im Lied auf dem Fuße: „Mit dem Pass en dr Täsch biste legitimiert, Kölsch zo spreche un drinke, denn dat häste jeliert.“

Eilfertig wurde dafür im Publikum die rot-weiße Stadtflagge mit drei Kronen und elf schwarzen Tränen auf weißem Grund geschwenkt. Spontan lieferte der Moderator die Erklärung der Symbole für die im Kölner Dom aufbewahrten Reliquien der Heiligen Drei Könige und die 11000 Jungfrauen der Heiligen Ursula. Es sind die Schutzpatrone der Stadt Köln.

Ausflüge in die Klassik sind für die 1972 als „Ne Höhnerhoff“ gegründete Band seit 30 Jahren nichts Neues. Die ursprünglich im Karneval getragenen Hühnerkostüme sind längst in der Versenkung verschwunden. Dafür ist das musikalische Niveau von Jahr zu Jahr gestiegen, auch wenn die Auftritte im rheinischen Karneval immer noch das Markenzeichen der Band sind. Das Weikersheimer Höhner-Klassik-Konzert bot völlig neue Hörerlebnisse mit bekannten Hits im orchestralen Gewand. Höhner-Sänger Henning Krautmacher meinte einmal sogar euphorisch: „Mozart muss ‘ne Kölsche gewesen sein.“ Leider einen zu kurz geratene Auftritt hatte der zweifache Echo-Preisträger József Lendvay, der mitreißend vom Orchester begleitet, eine Komposition von Pablo de Sarasate brillant interpretierte. Einmal richtig in den Vordergrund spielen konnte sich das Orchester mit der Ouvertüre zur Oper „Ruslan und Ludmilla“ von Michail Glinka.

Ausgezeichnete Akustik

Nicht ausblenden wollten die „Höhner“ die Nöte der Gegenwart und servierten auf Kölsch das durch Marlene Dietrich hierzulande berühmt gewordene Wiegenlied mit ukrainischen und russischen Wurzeln „Saach mir wo die Blome sin, wo sin se jeblevve?“ von Peter Seeger. Inzwischen dürfte das Repertoire der Höhner bis zu 600 Lieder umfassen, von denen reichlich Kostproben geboten wurden. „Quo vadis“, „Mona Lisa“, „Anna Havanna“, „Die schönste Stroß“ oder „Schenk mir dein Herz“, um nur einige Hits zu nennen. „Karusells un bunte Büdcher“ war ein warmherziger Song, bei dem Nicht-Rheinländer ausnahmsweise nicht alles „übersetzen“ konnten.

Verständlicher waren die bekannten Songs „E leeve lang“ oder „Kumm loss mer fiere“. Ausgezeichnete Arbeit musste man den Tontechnikern attestieren, denn ein Textbrei oder die gefürchteten Echos von der Schlossfassade blieben völlig aus.

An die Sehnsucht der Beatles nach Frieden und Liebe von Menschen, die Blumen in Gewehrläufe stecken, erinnerte der letzte, vom Septett auf Englisch gesungene Titel der Setlist „All You Need Is Love“.

Ins Taubertal mitgebracht hatten die „Höhner“ ihre Muttersprache, nicht aber ihr süffiges, wegen fehlender Kohlensäure nur in schmalen Gläsern serviertes Kölsch. Patrick Lück, der vom dienstältesten „Höhner“ Henning Krautmacher als sein Nachfolger ab 2023 vorgestellt wurde, beließ es nicht mit den Zugaben „Hey Kölle“ und „Viva Colonia“. Aus dem Titel von John Miles „Music was my first love’“ wurde „Musik es mih Leeve, Musik es mih Jlöck“. Ehrlich klang Patrick Lücks Versprechen: „Wir kommen wieder“. Die begeisterten Fans wird es freuen. ferö

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