Das Licht auf der Bühne geht plötzlich aus, das Orchester hört auf zu spielen – nur dämmriges blaues Licht, eine Art Notbeleuchtung, erhellt noch einen Teil der Bühne und beleuchtet den großen Lautsprecher, der vorne auf der Bühne steht. Veranstaltungspanne? Von wegen.
Alles ganz normal auf den Donaueschinger Musiktagen, dem weltweit ältesten und bedeutendsten Festival für Neue Musik: Hier soll Unerwartetes geschehen, Neues, Provokantes, Irritierendes. Am vergangenen Wochenende strömten wieder rund 10 000 Besucher in die 22 000-Einwohner-Stadt Donaueschingen im Schwarzwald und lauschten 22 Uraufführungen sowie fünf Klanginstallationen.
Begeistert zeigte sich das Publikum von dem Stück „splinters of ebullient rebellion“ (Splitter einer überschwänglichen Rebellion) von Malin Bång, dem der Preis des SWR-Symphonieorchesters verliehen wurde: Das Werk beginnt mit Schreibmaschinentippen aus den hinteren Saalreihen.
Dramatische Klangkulissen
Die Instrumentalisten des Orchesters erzeugen verschiedene Klänge mit dem Klopfen der Finger auf den Geigenrücken, Musiker streichen mit der Bogenstange statt mit den Bogenhaaren über die Saiten, ein Rauschen im Hintergrund, zauberhafte, feine Spieluhrenklänge kommen hinzu. Das Orchester singt, spricht, wispert, produziert sturmartig Klänge im Crescendo. Dann verschwinden die Klänge, nur sachtes Klopfen bleibt und die besagten Spieluhrenklänge.
Für die schwedische Komponistin Malin Bång ist die Schreibmaschine laut Programmhefttext eine „ultimative symbolische Darstellung des hingebungsvollen Schreibens sorgfältig reflektierter Texte, ein Werkzeug mutiger Personen im leisen Kampf gegen aktuelle Unterdrückung“. Dies zeigt: Viele der Kompositionen sind intellektuell gedacht, die Intentionen der Komponisten erschließen sich jedoch nicht immer direkt beim ersten Hören.
Multimediale Effekte
Isabel Mundrys Stück „Hey! – Transformationen eines Augenblicks“ etwa, welches ein Gespräch mit einem Geflüchteten aus Syrien präsentiert, konnte den Erwartungen des Publikums nicht entsprechen. Es ist eher ein Sprechstück, unterlegt von dissonanten Liegeklängen des SWR Vokalensembles, das das Innovative vermissen lässt.
Anders die Uraufführung von Georges Aperghis’ „Thinking Things“ für vier Performer, robotische Erweiterungen, Video, Licht und Elektronik. Hier geht es unter anderem um Perfektion. Das Publikum sitzt auf einer Tribüne und beobachtet das Geschehen im dunklen Raum: Man sieht die vier Sängerinnen und Sänger in Realität, parallel dazu eine filmische Projektion ihrer Tätigkeiten aus anderer Perspektive.
Verschiedene Fenster in der aufgestellten Wand werden bespielt, ein Roboterkopf bewegt sich hin und her, und sagt beispielsweise „grade up your ears“ (Erweitert Eure Ohren). Georges Aperghis weist darauf hin, dass wir etwas von uns aufgeben, wenn wir Funktionen an einen Roboter weitergeben.
Auch, wenn nach zehn Konzerten in drei Tagen der Kopf voll ist: gefehlt haben in diesem Jahr die Aufführungen der Werke von Kompositionsstudenten. Dies soll ab 2020 jedoch wieder aufgenommen werden, so Festivalleiter Björn Gottstein.
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