Pop - Kirchen versuchen, mit Pop und Rock junge Menschen anzusprechen / Mannheim richtet Finale des „Vocation Music Award“ aus

Über die Musik zu Gott finden

Von 
Stefanie Ball
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Gehört zu den bekanntesten deutschen Lobpreis-Musikern und versucht, junge Menschen wieder für die Kirche zu begeistern: Lothar Kosse. © Marcel Emich

Mannheim. Was ist mein Weg, was mache ich aus meinem Leben? Eine gute Frage und eine schwere, besonders für junge Menschen. Eine musikalische Auseinandersetzung mit dem Thema bietet der „Vocation Music Award 2021“, der nach einem erfolgreichen Auftakt im vergangenen Jahr in Österreich 2021 in Deutschland und weiteren europäischen Ländern ausgeschrieben wird. Ab sofort können junge Musiker einen selbst geschriebenen Song zum Thema Berufung einreichen, Mitte März beginnt das Online-Voting.

Durchgeführt wird der Wettstreit von der Deutschen Bischofskonferenz, der Ordensgemeinschaft der Kapuziner sowie der Jugendkirche Samuel in Mannheim. Dort sollen die 20 Songs, die in die Endrunde kommen, am 17. Juli aufgeführt werden. Eine Jury wird die Lieder – unter Berücksichtigung des Online-Votings – bewerten. Die zehn besten Songs gewinnen eine CD-Produktion mit dem Heidelberger Singer-Songwriter Johannes Falk, Mitglied der Jury, und dem Marburger Musikproduzenten Manuel Steinhoff.

Pfarrer Michael Maas ist Leiter des Zentrums für Berufungspastoral der Deutschen Bischofskonferenz, die den Contest begleitet. „Berufung hat viele Facetten: Sie umfasst etwa die Berufung zu Ehe und Familie, zu Priestertum und Ordensleben. Zentral sind dabei die Fragen: Wo ist mein Platz? Was ist mein Weg? Welchen Plan hat Gott für mein Leben?“ Die Musik könne hier einen Zugang schaffen, um den Fragen auf den Grund zu gehen: „In dem Wort Berufung steckt das Wort Ruf, wenn jemand ruft, muss auch jemand hören, ich muss in mich hineinhören, um herauszufinden, was an Talenten und Fähigkeiten in mich hineingelegt wurde oder religiös gesprochen: was Gott mir mitgegeben hat.“

Verschiedene Stilrichtungen

Falk sagt, ihn habe seine Neugier bewogen, in der Jury dabei zu sein. „Auch wenn ich derzeit mit Kirche als Institution nicht viel anfangen kann, bin ich ihr trotzdem aufgrund meiner christlichen Sozialisierung und meines Glaubens verbunden.“ Er beobachte die musikalische Entwicklung der Kirchen mit großem Interesse. „Musik und Spiritualität haben sich schon immer gut ergänzt. Und genau diese Elemente verbindet der „Vocation Music Award.“ Wann ihn ein Song überzeugt? „Immer dann, wenn ich darin einen kleinen Aha-Moment erlebe. Das ist natürlich subjektiv, aber ich denke in Kombination mit meiner Erfahrung als Songschreiber und Musiker kann ich das ganz gut beurteilen.“ Einen Song zu komponieren oder einen Text zu schreiben, sei ja auch Handwerk. „Ich kann an gewissen Punkten ganz gut erkennen, was ein Larifari-Song ist oder eben ein Song, der mich emotional packt.“

Die Stilrichtung reicht von Rock/Pop über Volksmusik, klassische Kirchenmusik und Lobpreis. Der erlebt in Deutschland gerade eine Blütezeit, unter dem Titel „Praise and Worship“ – Lob und Anbetung – begeistert christliche Popmusik Menschen. Eine von ihnen ist die Mannheimerin Yvonne Betz. „Kirche, das war Orgelmusik und alte Lieder aus dem Gotteslob, die in einer Sprache geschrieben sind, die die Jugend nicht spricht und nicht anspricht.“ Umso mehr begrüßt die Sängerin es, dass die Popkultur Einzug findet. „Man darf die Hände gen Himmel recken und sich freuen am Herrn und ihm Danke sagen.“ Musik sei ein Transportmittel für geistliches Empfinden: „Ich investiere mich und mein Herz in die Lobpreiszeit hinein, das hat etwas Heilsames.“

Dass Worship-Musik viele, vor allem junge Menschen, anspricht, erklärt Dieter Falk, Professor für Musikproduktion an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf, dem Portal katholisch.de so: „Die Melodien sind leicht nachvollziehbar, gehen ins Ohr. Der Sound ist poppig-aktuell, wie ihn die Jugendlichen mögen.“ Zwar sind deutsche Musiker längst nicht so bekannt wie Bands in den USA, wo die Bewegung ihren Ausgang nahm. Doch immer mehr Gruppen bilden sich; 2017 stellte das Bistum Essen zwei Pop-Kantoren ein, die evangelische Kirche gründete in Witten die Pop-Akademie.

Immer mehr Gruppen bilden sich

Das sei auch höchste Zeit, sagt Lothar Kosse, einer der bekannteren Lobpreis-Musiker hierzulande: „Wenn es bei uns um den Glauben geht, wird es bierernst, das ist fatal.“ Der Lobpreis drücke geistliche Inhalte auf zeitgenössische Art und Weise aus. „Frühere Generationen haben Choräle in Gottesdiensten gesungen, heute sind es Lobpreislieder, die dem Glauben Ausdruck verleihen. Jede Zeit hat ihren eigenen Sound.“ Er wünsche sich, dass junge Menschen wieder einen unmittelbaren Zugang zu Kirche finden: „Die Relevanz des Glaubens ist nach wie vor gegeben, weil er die wesentlichen Antworten auf die Grundfragen des Menschen findet.“

  • Die Frage der Berufung steht im Mittelpunkt des „Vocation Music Award 2021“, der sich an junge Musikerinnen und Musiker richtet.
  • Durchgeführt wird er von der Deutschen Bischofskonferenz, der Ordensgemeinschaft der Kapuziner sowie der Jugendkirche Samuel in Mannheim.
  • In der Jugendkirche Samuel sollen die besten 20 Songs Mitte Juli auch live in Mannheim aufgeführt werden.
  • Einsendeschluss für die Beiträge ist der 15. Juni.
  • Abgestimmt wird online (bereits ab dem 15. März) und durch eine Jury.
  • In der abstimmenden Jury sitzen unter anderem der Heidelberger Singer-Songwriter Johannes Falk sowie die Popakademie-Professorin Annette Marquard.
  • Weitere Infos: vocation-music-award.com/deutschland

Freie Autorin

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