Schlossfestspiele Zwingenberg

"Tosca" mit Sternen - und Notbeleuchtung

Große Oper war im Hof des Zwingenberger Schlosses zu sehen, wo Giacomo Puccinis "Tosca" auf dem Festspielprogramm steht. Die Premiere in der Inszenierung von Sascha Oliver Bauer war trotz Stromausfall ein großer Erfolg

Von 
Hans-Günter Fischer
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Finale des ersten Aktes: Hier erklingt mit großem Chor Puccinis berühmtes „Te Deum“ , hinten rechts ist Marco Di Sapia als Polizeichef Scarpia zu sehen. © Martin Hahn

Zwischen Rom, dem Ort der Handlung dieser Oper, und dem Ort der Inszenierung liegen ein paar Kilometer. Und auch ein paar kulturelle Unterschiede. Erstmals wird Puccinis „Tosca“ bei den Zwingenberger Schlossfestspielen aufgeführt. Doch der Transfer des Stücks vom Tiber an den Neckar funktioniert erfreulich gut. Wobei sich Deutschland und Italien teilweise, etwa beim Bühnenbild, auf halbem Weg begegnen. Die Andeutung des Kirchenraums, in dem der erste Akt stattfindet, zeugt von unverschnörkelt klarer, „protestantischer“ Ästhetik: überwiegend rechte Winkel, Farbkontraste zwischen Schwarz und Weiß.

Die Frau in Rot

Dass auch der Polizeichef Scarpia, einer der schlimmsten Finsterlinge, denen man in einer Oper je begegnet ist, nur schwarz gewandet auftritt, liegt in Logik und Natur der Sache. Seine weißblonde Perücke lässt ihn freilich noch ein bisschen diabolischer erscheinen. Ein paar Gastspiele der Farbe Rot gibt es indessen ebenfalls, schon weil in „Tosca“, dieser Mord- und Selbstmord-Oper, einiges Theater-Blut verbraucht wird.

Eine etwas rätselhafte, attraktive Frau in Rot gibt es dazu (gespielt von Jana Kühnle), sie flankiert und kommentiert die Handlung, wenn auch meistens stumm: Auf eine Leinwand schreibt sie manchmal ein paar Stichworte, die grob umreißen, was das Opern-Personal gerade umtreibt: etwa „Folter, Mut und Schweigen“. Das soll in der Zwingenberger Inszenierung, die auf originales Italienisch setzt, die Leuchtschrift-Übertitel überflüssig machen. Was mit derart kargen Stichworten natürlich nicht gelingen kann. Ansonsten aber hat die Sache Hand und Fuß, Sascha Oliver Bauer hält als Regisseur die Zügel straff und unterstreicht noch die Stringenz der Handlungsführung – die in „Tosca“ zwingend wie in keiner anderen Puccini-Oper ist.

Man nähert sich in Zwingenberg sogar der Uraufführung: weil der Schurke Scarpia (Marco Di Sapia) eher jung besetzt ist, jünger als in vielen Produktionen heutzutage. Und Di Sapia macht das großartig, er ist ein eloquenter Mann von eiskalter Kontrolle – sogar über seine Stimmbänder. Kurz angebundene Befehlslaute machen ihn aus. Aber zum Zweck des manipulativen Einschmeichelns bei Tosca ist er auch zu Schöngesang befähigt. Während Megan Marie Hart als Titelheldin nicht allein auf ganz große Gefühle setzt, auf Sehnen, Schmachten, Überfließen, sondern auch auf fahle Zwischentöne.

Eifersucht und Folter

Eifersucht klingt eben manchmal hässlich. Aber stets wahrhaftig. Töne eines Folteropfers können sogar schrecklich klingen: Sebastiano Lo Medico, ein Rollen-Debütant, vergisst das nicht in seiner Darstellung Cavaradossis. Doch das Beste hebt er sich für seine Hit- und Abschiedsarie auf, „E lucevan le stelle“. Danach blinken wirklich nur noch Sterne. Und die Zwingenberger Notbeleuchtung: Stromausfall im Neckartal. Doch als es endlich wieder weitergehen kann, sind die Akteure unverändert fokussiert. Das gilt auch für die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten im von Rainer Roos geleiteten Orchester. Viele seiner Bläser kommen übrigens vom Nationaltheater Mannheim.

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