Der November hat nicht gerade den Ruf als Wonnemonat: Ein guter Zeitpunkt, um sich selbst etwas Gutes zu tun. Der Winzer-Bu und Mundart-Komiker Tim Poschmann sorgt zum Glück mit skurrilen Anekdoten, die er in herrlich sonorem pfälzischem Dialekt serviert, für sofortige Aufhellung des Gemüts. Mit seinem Projekt „Schorle-Wellness“ gastiert der junge Mann aus der schönen Pfalz am Samstag im ausverkauften Capitol. Und das nicht alleine. Mit der Band Woifeschdkänisch, die ihr Genre „Palz-Folk“ nennt, sowie Thomas „Edsel“ Merz von den Anonyme Giddarischde hat Poschmann für ausgelassene Stimmung gesorgt.
Mischung aus Comedyshow und Weinfest-Konzert
Die Veranstaltung ist eine gelungene Melange aus Comedy und Weinfest. Im Wechsel sorgt Poschmann in Bestform als Botschafter der Pfälzischen Kultur mit zotigen Sprüchen für Lachsalven. Dann folgen Lieder, die das Leben in der Pfalz im beleuchten. Die Songs im Dialekt werden zumeist auf die Melodie von bekannten Hits gesungen. Die rund 700 Besucherinnen und Besucher halten gut gelaunt ihre gefüllten Dubbegläser in die Höhe, prosten einander zu, singen mit und spenden nach jeder Nummer viel Beifall.
Mit „Ääns zwee“ einem Cover auf „Hollywood Hills“ von Sunrise Avenue und Hoch auf die Schorle“, eröffnen die Künstler den Abend mit viel Schwung bevor Poschmann seine erste Nummer präsentiert. Er pendelt dabei gekonnt zwischen seiner Liebe zur Heimat, den Tücken des Erwachsenenlebens und damit verbundener Nostalgie.
So muss er entsetzt feststellen, dass Abende, bei denen man sich früher dem bloßen Alkoholkonsum hingeben konnte inzwischen einem Weintasting ähneln. Einer Lebensweise, die seiner eigenen nicht entspricht. „Ich lebe ganz nach dem Motto: Lieber Schorle mit Susi als mit der Petra Smoothie.“ Überhaupt komme man als Pfälzer schon sehr früh mit Alkohol in Berührung, verrät er und berichtet von seinen Erfahrungen als Meßdiener bei einem Pfarrer, der gerne ein Gläschen über den Durst getrunken hatte. Poschmann nimmt auch sich selbst auf die Schippe.
Schlepphoden statt Syphilis
So erzählt von einem One-Night-Stand mit einer Dame aus Ludwigshafen-Hemshof, der ihn zum Urologen brachte. Dieser habe bei ihm zwar nicht die befürchtete Syphilis diagnostiziert, aber Schlepphoden. „Das ist, wenn die Glocken länger sind, als das Seil.“ Das Publikum prustet vor Lachen. Auch Beziehungstipps könne er als Dorfkind nicht geben. „Bei uns gibt es Wildunfälle - aber keine Scheidungen.“ Er lästert über die Auswirkungen des Sadomaso-Bestsellers „50 Shades of Grey“ auf eheliche Schlafzimmer und wundert sich warum Frauen bei Horrorfilmen so dämlich dargestellt werden. Und erklärt, warum der Schwabe Erwachsenenfilme gern rückwärts anschaut. Um zu sehen, wie die Dame aus dem gewissen Gewerbe dem „Schwob die 200 Euro zurückgibt.“Für musikalische Highlights sorgen Woifestkänisch-Sänger Monji El Beji mit seiner Combo und Edsel. Auch Poschmann singt mit. Ob „A handbreed Wasser zum Woi“ ("Angels") oder das „Pfalzlied“, die Stimmung bleibt konstant auf dem Höhepunkt - der Herbst-Blues hat hier definitiv keine Chance.
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