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Stimmkunst ohne Chichi: One Vision of Queen in der SAP Arena

Die Queen-Tribute Band One Vision of Queen lieferte in der Mannheimer SAP Arena vor mehreren Tausend Zuschauerinnen und Zuschauern eine makellose Show. Im Mittelpunkt: Sänger Marc Martel

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Martin Vögele
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Im Mittelpunkt von One Vision of Queen: Sänger Marc Martel. © Rudolf J. Uhrig

Mannheim. Vielleicht habe man es ja bemerkt, meint Sänger Marc Martel - auf der Bühne fehlen ein paar Dinge: „Hier oben gibt es keine gelbe Jacke, es gibt keinen Schnurrbart“ - und auch „keine sehr kurze Hose“, schließt er seine Aufzählung ikonischer Freddie-Mercury-Insignien ab, wobei der gebürtige Kanadier die letzten vier Worte launig auf Deutsch spricht.

„Meine Damen und Herren, für uns geht es bei One Vision of Queen nur um die Musik“, betont Martel, zurück ins Englische wechselnd. Und wie um seine Aussage zu unterstreichen, schnellen die Besucher ein paar Sekunden später kollektiv von ihren Sitzen auf, als der unverkennbare Basslauf der einstigen David-Bowie-Kollaboration „Under Pressure“ aus den Lautsprechern der Mannheimer SAP Arena federt und direkt in jene Bereiche des Zentralen Nervensystems vordringt, die das Mit-Grooven koordinieren. Zuvor hat ein komprimiertes Song-Dreigestirn aus „One Vision“, „Seven Seas Of Rhye“ und „Bicycle Race“ das Konzert mit einer so voluminösen wie vitalen Sound-Spannkraft eröffnet.

Zum zweiten Mal spielt die fünfköpfige Queen-Tribute Band One Vision of Queen feat. Marc Martel in Mannheim. Zur Premiere vor ziemlich genau einem Jahr waren rund 3500 Zuschauerinnen und Zuschauer gekommen, und auch dieses Mal sind es mehrere Tausend, die auf den Unterrängen und im bestuhlten Parkett die Musik der legendären britischen Band um Frontmann Freddie Mercury feiern.

Ensemble meistert schwierige Rock-Würdigung

Martel indes stammt, wie erwähnt, aus einem anderen, entfernten Teil des Commonwealth, aus dem kanadischen Montreal. Wobei der Vokalist, der auch Klavier und Gitarre spielt, Anfang der 2000er Jahre zusammen mit seiner vielfach preisgekrönten Christian-Rock-Band Downhere ins US-amerikanische Country-Dorado Nashville gezogen ist. 2011 wurde er von Queen-Schlagzeuger Roger Taylor höchstpersönlich für die Tribute-Band The Queen Extravaganza handverlesen, die vier Jahre lang, bis 2016, bestehen sollte, und auf deren zweiter Tour auch Gitarrist Tristan Avakian mit einstieg, der heute bei One Vision of Queen den Part des Saitenmagiers einnimmt. Komplettiert wird die glänzend aufspielende Gruppe von Schlagzeuger Brandon Coker, Bassist Mike Cohen sowie Brandon Ethridge - Keyboarder und musikalischer Leiter der Band.

Freddie Mercury war - eigentlich ist es völlig überflüssig, das hervorheben zu wollen - ein einzigartiger Sänger, und seine Stücke zu interpretieren dürfte zu einer der schwierigsten Aufgaben auf dem weiten Feld der Rock-Würdigungen zählen. Martel erledigt sie mit Bravour, er brilliert mit kongenialer Phrasierung, pointierter Stimm-Energetik und schwindelerregend makellosen Oktavsprüngen. Es nimmt nicht wunder, dass er auch die Songs für den 2019 vierfach Oscar-prämierten Film „Bohemian Rhapsody“ eingesungen und damit Hauptdarsteller Rami Malek die musikalische Grundlage für dessen Performance geliefert hat. Und auch darin, auf der Bühne den typischen tänzerischen Gestus und den exaltierten Glamour Mercurys zu verkörpern, macht Martel eine gute Figur.

Nun wäre es ein Irrtum, Queen auf ihren Frontmann zu reduzieren - das gilt sowohl für die kompositorischen Aspekte des Queen’schen Schaffens als auch für die stilprägenden instrumentalen Qualitäten des Quartetts. Nicht zuletzt hat Brian Mays signifikantes Gitarrenspiel Rockgeschichte geschrieben - das Tristan Avakian hier nun in kunstfertiger Manier live aufleben lässt.

Vielseitigkeit des Queen-Oeuvres vorgeführt

Bei „Killer Queen“ setzt sich Martel erstmals ans Piano, zu „A Kind Of Magic“ fährt er, von Nebel umflort, mit einer Hebebühne in die Höhe, und „I Want To Break Free“ singt das Publikum direkt darauf lautstark mit. Den starken Abschluss der ersten Hälfte bildet das Rock-Opus-Magnum „Bohemian Rhapsody“, den Beginn des zweiten Sets markiert das von Laserblitz und Donner eingeläutete „Flash“ aus dem „Flash Gordon“-Filmsoundtrack von 1980. Dabei zeigt sich noch einmal exemplarisch, wie unerhört vielseitig das zwischen Rock-Schwergewichten wie „I Want It All“ oder „Another One Bites The Dust“, Pop-Extravaganz à la „Don’t Stop Me Now“ oder „Radio Ga Ga“ und Balladen feinster Beschaffenheit wie „Love Of My Live“ changierende Oeuvre war. Als Zugabe stempeln „We Will Rock You“ und „We Are The Champion“ der Show das abschließende Gütesiegel auf.

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