Es ist kalt, trüb und grau draußen. Und drinnen schießen Feuersäulen bis unter die Decke. Wellenförmig wabert die Hitze noch bis in die letzten Reihen. Das Szenario aus Flammen und Rauch, gleißenden Lichtern, bengalischem Feuer, metallisch-donnerndem Gehämmer des Schlagwerks, fetten Gitarrenriffs fährt tief in die Magengegend - die Band Stahlzeit ist mit ihrer „Zeitlos neu“-Tour zu Gast im Mannheimer Maimarktclub und zollt ihrem Vorbild Rammstein Tribut.
Genau wie bei den „wahren Herren des Feuers“ dröhnt zunächst die Overtüre aus Händels „Feuerwerksmusik“ aus den Boxen. Eng bewamst und gemächlich nimmt der Front-Poet des Sextetts mit seinem Sprechgesang seine Arbeit auf. Der gutturale Sound von Helfried „Heli“ Reißenweber (Bild) ist freilich nicht zu vergleichen mit dem Organ von Till Lindemann, zumal seine Stimme wohl auch durch die vielen Dutzend Konzerte, die die Band alljährlich absolviert, angeschlagen zu sein scheint.
Tinnitus-Oratorium mit bekannter Schalldruck-Intensität
Dennoch gibt es 25 Songs aus dem Rammstein-Songbook, natürlich begleitet von allen rauen Attitüden des Vorbilds: ob beim Zündeln an der Zapfsäule), mit Explosionen, brennenden Mikrofonständern und Pyrotechnik - viel Strahlkraft im wahrsten Wortsinne. Und einem immer noch aktuellen Zeitgeist-Bezug aus dem Text zum Song „Deutschland“: „Deutschland, Deutschland über allen mein Herz in Flammen, will dich lieben und verdammen… aber meine Liebe kann ich dir nicht geben.“ Nach zweieinhalb Stunden ist das Tinnitus-Oratorium mit bekannter Schalldruck-Intensität zu Ende. Rund 1200 Fans der „Neuen deutschen Härte“ bekamen im Maimarktclub die gewünschte Tortur, aber doch mit sehr viel Spaß. Durchaus fröhlich war die Stimmung, auch ein wenig enthusiastisch, vor allem losgelöst vom neuen moralischen Ballast des Originals.
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