Schauspiel - Im Zwinger 3 bringt der Jugendclub des Heidelberger Theaters das Stück "Alice" auf die Bühne / Lewis Carrolls Vorlage mit eigenen Ideen bearbeitet

Spannende Suche nach der eigenen Identität

Von 
Sibylle Dornseiff
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Camila Heine als Hase in der Fantasiewelt von "Alice".

© Susanne Reichardt

Die 21 Mitglieder des Jugendclubs des Heidelberger Theaters begeben sich mit "Alice" im Zwinger 3 auf eine Reise zu sich selbst. Pendelnd zwischen Kindheit und Erwachsensein suchen sie nach Standorten, nach Fixpunkten oder einfach nur nach Möglichkeiten des Daseins. Sie hätten dafür kaum eine bessere Vorlage finden können als "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll.

Jugendclub-Leiterin Pauline deGroot hat den Roman mit ihren Jugendlichen nicht eins zu eins umgesetzt, sondern deren eigene Lebenswelt einfließen lassen. So wurden in einem Workshop-Wochenende auch spezifische Themen wie Gruppenzwang, Schulstress und eigene Identität eingebaut. Entstanden ist eine moderne Version der Reise ins Wunderland der eigenen Seele, an deren Ende zwar keine Lösung steht, wohl aber hilfreiche Fragen für die weitere Entwicklung aufgeworfen wurden.

Wechselnde Hauptdarsteller

Es ist ein kluger Schachzug von deGroot sowie ihren Mitarbeiterinnen Laura Guhl (Dramaturgie) und Leo Ostholt, Alice immer in einer Dreierkonstellation auftreten zu lassen. Einmal als offenes, neugieriges, zutrauliches Kind; dann als altkluger, besserwisserischer, immer etwas distanzierter Schlaumeier; drittens als genervte Person mit Null-Bock-Mentalität. Darüber hinaus wechseln die Alice-Besetzungen in jeder Szene, so dass letztlich alle - auch die drei Jungs - einmal die Hauptfigur werden. So ganz nach dem Motto: Ein bisschen Alice steckt in uns allen.

Ausgangspunkt der 45-minütigen Inszenierung ist eine Schule, die sich in der Pause in einen lärmenden, blitzschnell verschmutzten Raum verwandelt. Kein Wunder, dass Alice nur noch weg will. Eine Spindtür wird zum Fluchtpunkt, zur Alice-Höhle unter dem Baum; dahinter eröffnet sich unter den Klängen von "Für mich soll's heute Acid regnen, mir soll'n sämtliche Wunder begegnen, die Welt sollte sich bunter gestalten, und ihre Farben nicht für sich behalten..." die wundersame Welt der Grinsekatzen, des Hutmachers, der Roten Königin.

Deren Gerichtstag mit rollenden Köpfen bringt die Erkenntnis: "Ungerechtigkeit gehört zum Erwachsenensein". Die philosophischen Gespräche bei der Teeparty des Hutmachers ("Alice heißen und Alice sein, ist nicht dasselbe; was bin ich und was will ich sein?") münden in die Rückkehr in die lärmende, verschmutzte Schulrealität, in der aus dem Off ertönt, was die Teenager über die Vorteile des Kindseins, Nachteile des Erwachsenenseins (und umgekehrt) denken.

Die 21 Jugendlichen waren bei ihrem Auftritt mit großem Elan und Spiellust bei der Sache. Sie wurden mit viel Beifall belohnt.

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