Dünne Striche, dicke Kurven, zarte Schraffuren und geschnittene Papiere, Darstellungen mit Bleistift, Wasserfarben oder Radiernadeln - und noch viele andere Materialien und Techniken sind in der Ausstellung "Kontraste" der Heidelberger Galerie Grewenig/Nissen zu entdecken. Die über 50 Exponate von 17 Künstlern zeigen individuell ausgeprägte Künstlerhandschriften und vertreten zugleich das weitgespannte Spektrum von Stilen und Richtungen des 20. Jahrhunderts: Genaue Figuren- und Gegenstandsbeschreibung, abstrahierende Tendenzen sind zu erkennen, aber auch geometrische Konstruktion und freie Formen.
Sogar Lenin erscheint
Einige Künstler folgen letztlich der Figuration, so Suna Kosan, Mohammed Massoudi, Hermann Schenkel und Jan Soucek, wobei Lynn Schoene das uralte Medium der Rohrfederzeichnung wiederbelebt; Michael Binder lässt in seiner Radierung "Aufforderung" sogar Lenin erscheinen. Die Spannung zwischen Figuration und Abstraktion untersuchen Fabrizio Boffelli, Erich Lindenberg, Franziska Statkus und Walter Stallwitz, der in seinen vier Blättern den fast stufenlosen Übergang von der Figur zur hochsensiblen, freien Form aufzeigt. Lindenberg zaubert in Tausenden allerfeinsten Bleistiftstrichen Schattenbilder, deren Gegenstände sich erst bei längerem Hinsehen erschließen.
Traumwelten und Vexierbildern begegnet man in den surreal empfundenen Blättern von Jan Soucek und des Bauhausschülers Leo Grewenig (1898-1991), der die Assoziationsfreude des Betrachters anspricht und herausfordert. Clapeko und der englische Bildhauer John Carter vertreten die Kunst, die den Prinzipien der Konstruktion auf der Spur ist; im selben Bereich arbeitet Jo Enzweiler, dessen Papierschnitte Grundrisse von komplexen Architekturen sein könnten. Ungegenständliches schafft Bernd Berner durch unzählige Strichlagen aus Farbstiften, mit denen er fast voluminöse Farbflächen von samtener Abstraktion gewinnt. Kontraste sind in der Schau reichlich vorhanden, aber man kann sie auch als einen Ausschnitt aus der spannungsvollen Einheit der grafischen Kunst auffassen.
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