2003 trat Silke Beck mit der Compania Flamenco Solera das erste Mal im Mannheimer Schatzkistl auf, aus Anlass des 75. Gastspiels sprachen wir mit der Tänzerin, die in der Szene eine Art Exotin ist, weil sie sich weder einen spanisch klingenden Künstlernamen zulegte noch ihrem Aussehen einen mediterranen Touch verlieh.
Frau Beck, wie und wann haben Sie den Flamenco für sich entdeckt?
Silke Beck: Das war 1988. Ich habe eine Show im Fernsehen gesehen und war vom Flamenco sofort inspiriert. Von der kraftvollen und musikalischen Art des Tanzens, dem Einsatz von Füßen, Fingern und Händeklatschen und dem Eingebundensein in eine Livegruppe. Ich habe dann einen Workshop in Rüsselsheim besucht, er hat mir gefallen und ich bin dabei geblieben.
Hatten sie irgendeine tänzerische Vorerfahrung?
Beck: Nein überhaupt nicht. Ich bin von null auf hundert eingestiegen, ich hatte nicht einmal den üblichen Tanzkurs besucht. Aber schon der erste Flamenco-Versuch war ein Aha-Erlebnis. Mir wurde sofort ein gewisses Talent bescheinigt, schon im ersten Workshop wollte niemand glauben, dass ich keinerlei Erfahrung hatte. Soweit ich weiß, traten da auch keine verschütteten Gene hervor.
Was macht für Sie die Faszination Flamenco aus?
Beck: Dass die Gruppe eine Einheit bildet. Die Tänzer sind nichts ohne die Musiker und Sänger. Zudem ist der Flamenco ein Tanz für starke Frauen. Die heutige Zeit ist oft jung, sexy und etwas oberflächlich; der Flamenco mit seiner Weiblichkeit ist nicht sexual, sondern sensual, er braucht nicht den jungen, schönen Körper, sondern Persönlichkeit.
Sind Sie eine starke Frau?
Beck: Auf der Bühne ja, aber im Privaten bin ich eher zurückhaltend und ruhig. Ich bin, wenn ich tanze, kein anderer Mensch, kann aber andere Seiten von mir zeigen, auch meine Emotionalität rauslassen.
Wie hat sich denn der Wechsel vom Hobby zum Beruf vollzogen?
Beck: Schritt für Schritt. Ich hatte nie die Absicht, Profi zu werden, mich aber regelmäßig weitergebildet. Und Mitte der 90er Jahre hat mein Rüsselsheimer Verein mich gefragt, ob ich nicht selbst einen Kurs anbieten wolle. Was ich getan habe, auch wenn das nie mein Plan war.
Das heißt, vor der Performance kam der Unterricht?
Beck: Ja, denn ich hatte schon immer einen hohen Anspruch an mich selbst, wollte deshalb zunächst gar nicht auf die Bühne.
Wie kam es dann doch zur Gründung von der Compania Flamenco Solera?
Beck: Durch Rainer Hawelka. Er spielte da, wo ich selbst Unterricht nahm. Ich fiel ihm auf, er fragte mich, ob ich nicht bei ihm auftreten wolle, es hat geklappt. 2002 haben wir dann unsere Gruppe gegründet, ein Jahr später waren wir erstmals im Schatzkistl. Ich bin Peter Baltruschat sehr dankbar, dass er damals den Mut hatte, neue Wege zu gehen, und dass wir jetzt schon so lange zusammenarbeiten.
Wie wurden Sie in der Szene aufgenommen?
Beck: Ich werde von den Spaniern akzeptiert, eher reagieren Deutsche komisch und hängen an Klischee-Vorstellungen. So wurde ich einmal gefragt, weshalb ich mir nicht wenigstens die Haare färbe. Aber ich bin keine Spanierin und stehe dazu.
Wer ist Ihr Vorbild?
Beck: Da gibt es einige, vor allem aber schätze ich Juana Amaya, einen Superstar mit puristischem Zigeunerstil. Aber es sind viele Einflüsse notwendig, um einen eigenen Stil zu entwickeln.
Wie beschreiben Sie Ihren?
Beck: Kraftvoll, viel Fußarbeit, man sagt, ich hätte elegante Arme und Temperament. Ich vertrete ein Mittelding zwischen traditionell und modern, denn ich mag es, wenn sich etwas weiterentwickelt. Insofern halte ich auch sehr viel von Pionieren wie Israel Galvan, profitiere davon, sehe mich selbst aber nicht als Neuerin des Flamencos.
Wie kamen Sie zur Dozentur an der Tanzakademie Mannheim?
Beck: Ganz spontan als Vertretung von Christine Neumeier. Ich unterrichte Spanisch im dritten und vierten Studienjahr. Es macht riesigen Spaß, mit tänzerisch hochbegabten jungen Menschen zu arbeiten.
Dabei kooperieren Sie wiederum mit Rainer Hawelka?
Beck: Ja, normalerweise spielt er live im Unterricht. Aber er hat sich den Finger gebrochen, muss operiert werden und fällt deshalb auch leider für das Schatzkistl aus.
Was zeigen Sie zum Jubiläum?
Beck: Wir haben ein Grundprogramm, das je nach den Gegebenheiten variiert. Für Rainer springt Frank Ihle als Gitarrist ein - schon allein dadurch gibt es Änderungen. Mit Percussion, einem Sänger, einem Flötisten, einem Tänzer und eventuell einer weiteren Tänzerin wird es auf der kleinen Bühne eher eng. Das alles wird sehr spannend.
Was ist Ihnen außer dem Tanz wichtig?
Beck: Ich bin ein Familienmensch, mein Zwillingsbruder ist mir sehr wichtig. Dazu mein erlernter Beruf als Grafik-Designerin und meine Malerei - mit natürlich Flamenco-Motiven. Ich hatte sogar schon einmal eine Ausstellung im Mannheimer Wasserturm. Ich liebe es, Dinge tun zu können, die man gerne tut, und ich hätte es nie für möglich gehalten, damit einmal Geld zu verdienen.
Silke Beck
- Silke Beck wurde am 7. März 1967 in Flörsheim/Hessen geboren, studierte in Wiesbaden Grafik-Design, wohnt in Hochheim und lebt zur Hälfte von ihrem erlernten Beruf (Layout für das Frankfurter Magazin "FRIZZ") und vom Tanz.
- 1988 kam sie erstmals mit Flamenco in Berührung und gründete 2002 mit dem Mannheimer Gitarristen Rainer Hawelka die Compania Flamenco Solera. In einem wechselnden Ensemble sind die beiden der harte Kern.
- Außerdem unterrichtet sie Flamenco in Darmstadt und Frankfurt, bietet Kurse in ganz Deutschland an und ist seit ein paar Monaten auch Dozentin für Spanisch an der Tanzakademie Mannheim.
- Am 17. Februar feiert sie im "Schatzkistl" (20 Uhr) ein großes Jubiläum, denn sie gastiert mit ihrer Gruppe zum 75. Mal in der Mannheimer Kleinkunstbühne. (sd)
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-kultur-spanier-akzeptieren-mich-_arid,998583.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html