Mannheim. Als Klaus Hoffmann zur „Tagesschau“-Zeit die Bühne des Mannheimer Capitols betritt, ist die Nachricht, der Iran habe Israel bombardiert, noch frisch. Solchem Wahnsinn kann auch er, der sich, anders als manche Kollegen seiner Generation, nie als politischer Liedermacher definiert hat, nicht entkommen. „Was ist los in der Welt?“, fragt er also ratlos und seufzt, begleitet vom Applaus: „Wo sind eigentlich die Tyrannenmörder, wenn man sie mal braucht?“
Aufbruch- statt Endzeitstimmung entstand in der Pandemie
Während der Pandemie habe er erstmals so eine Endzeitstimmung verspürt, erzählt er. Den Gedanken, aufzuhören mit dem Singen und Schreiben, hat er - zum Glück! - verworfen, stattdessen sind ihm „Flügel“ gewachsen - so der Titel seines 50. Albums, mit dem der 73-jährige Chansonnier derzeit auf Tour seine Fans begeistert.
Ein Klavier, darauf ein Keyboard und eine Gitarre - mehr brauchen Hoffmann und sein langjähriger Pianist Hawo Bleich nicht, um musikalisch und gesanglich alle Register zu ziehen. Schon bei „Neuer Morgen“, dem optimistischen Eröffnungssong des neuen Albums, zieht das Duo das durchweg lebenserfahrene Publikum in seinen Bann. Hits wie „Der König der Kinder“ oder „Weil du nicht bist wie alle anderen“, die Hoffmann unter die neuen Lieder mischt, erkennt es schon an den ersten Takten, ebenso seine deutschen Jacques-Brel-Interpretationen von „Ne me quitte pas“ oder „Amsterdam“.
Das neue Album enthält Elemente aus Folk, Jazz, Pop, Blues und Chanson
Die neuen Melodien changieren zwischen Folk, Jazz, Pop, Blues und Chanson, die Texte sind heiter bis nachdenklich und handeln von der Liebe, vom Älterwerden und von Sehnsüchten - Resultat seiner Beobachtungsgabe und dem aufmerksamen Blick des Menschenfreundes.
Die Überleitungen gelingen dem schauspiel-erfahrenen Bühnentier und begnadeten Erzähler selbstironisch, pathosfrei und bisweilen im Stil eines Stand-up-Comedians - etwa, wenn er in Kindheits- und Jugenderinnerungen an den die Nachkriegszeit schwelgt und schnoddrig genuschelt hofft, „dass das auch die Nachkriegszeit bleiben wird“. Oder wenn er von Fernweh, seiner Reise Richtung Goa und Erlebnissen im Afghanistan der 70er Jahre berichtet. Oder wenn es ums Älterwerden und dessen Begleiterscheinungen geht. Auch das Publikum darf sich einiges anhören. „Kennen Sie Hannes Wader? Ja? Mein Gott, wie alt sind Sie?“
„Ich wollte mit meinen Texten nie die Welt verbessern, ich wollte immer nur mein eigenes Lied finden"
Vom mittlerweile 82-jährigen Freund unterscheide ihn eines: „Ich wollte mit meinen Texten nie die Welt verbessern, ich wollte immer nur mein eigenes Lied finden“, betont er. Auch dem früh verstorbenen Vater, der krank an Körper und Seele aus dem Krieg kam, und dem Stiefvater („der war gut zu mir“) widmet er warmherzige Worte, ehe er mit dem letzten Lied, „Im nächsten Sommer sehen wir uns wieder“, durch die Reihen der Zuschauer wandert.
So einfach gehen lassen die den Liedermacher jedoch nicht: Stehend erklatschen sie zwei Zugaben - und bei „Derselbe Mond über Berlin“ klappt dann auch das Mitsingen zur Zufriedenheit des Künstlers. Als die ersten schon gehen wollen, kommt er also doch nochmals auf die Bühne. „Adieu Emile“ rundet diesen schwebend leichten und wunderbar sentimentalen Abend ab. Und damit geben wir ab zu den „Tagesthemen“.
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