Tanz

Schweißtreibende Kunst-Arbeit im Fitness-Studio

Choreograph Edan Gorlicki macht das Mannheimer Eintanzhaus mit „Grit“ zum Sport-Studio - und zeigt mit Tänzerinnen und Tänzern, wie anstrengend der Wettkampf zwischen Kunst und Kapital ist

Von 
Rah
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Zeigten in Mannheim Stepp-Aerobic bis zum Zusammenbruch (v. l.): Kyle Patrick, Leonardo Rodrigues, Cecilia Ponteprimo und Lauren Mace. © De-Da Productions

Mannheim. Ein nicht ganz nüchtern gehaltenes Trainings-Studio zeigt die Bühne im Mannheimer Eintanzhaus. Bildet doch ein Podest im Hintergrund mit Spinning Bike – gerahmt von weißen Neonröhren – eine Art Fixpunkt. Davor liegen 18 graue Step-Boards am weißen Boden. An den Bühnenrändern sind Handtücher gestapelt und unzerbrechliche Sportflaschen. Hier kommt die Farbe Pink ins Spiel, die dem Geräte-Arrangement zur körperlichen Ertüchtigung einen aufmunternden, fast aufreizenden Anstrich verleiht. Noch wird das Setting verdeckt von Menschen in Trainingsklamotten mit schwarzen Sporthosen und T-Shirts, auf denen das Wort „Grit“ steht, leicht wie ein Werbe-Slogan und ohne tiefere Gedankenprozesse auslösen zu wollen.

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Wer den in Heidelberg ansässigen Choreographen Edan Gorlicki kennt, weiß von den Welten, die seine Stücke bald schillernd, bald zerbrechlich zur Schau tragen. Kennzeichnet die außergewöhnlichen Arbeiten des in Israel geborenen Künstlers doch seine mal mehr, mal weniger abrupt zueinander gesetzten Welten. „Inter-Actions“ nennt er seine Werke, die er stets im Team und sowohl mit Fachleuten als auch mit der Allgemeinheit durch gesellschaftliche Teilhabe erarbeitet.

Kunst oder Sport?

In „Grit“, das im übertragenen Sinn „Entschlossenheit“ meint, geht er der Frage nach künstlerischem Ausdruck versus athletischer Kampfleistung nach. Was wollen wir sehen: Kunst oder Sport – Ausdruck oder Leistung? Eine Trainerin mit Mikro am Head-Set begrüßt das Publikum in silbernen Leggings und schweiß- treibendem Anorak: „Hello Mannheim!“ Drei Performer in einfachen Trainingsklamotten machen scheinbar schlichte Schritte auf den Step-Boards, während DJ Lxdario mit wummernde Beats vom Pult einheizt. Grandios schwadroniert die Fitness-Predigerin von der Investition ins eigene Selbst und von dem einen Ziel: besserer Körper, besseres Selbst. Während sich die Performer in wiederholenden Steps und genormten Armbewegungen verausgaben, schleichen sich abweichende Tanzformen ins Vokabular und verleihen der puren Fitness eine künstlerische Dimension.

Hinter der Trainerin machen sich Videobilder von Autos auf mehrspurigen Autobahnen, von Windrädern und Großraumbüros Konkurrenz im beschleunigten Ablauf. Bis der Sound in schepperndes Trommeln umschwenkt und das Ganze kippt. Jetzt liegen zwei der Performer am Boden und speien ihren pinkfarbenen „Grit“ in Eimer, während die Dritte weitere Schritte unternimmt, um an ihre Grenze zu kommen. Mit Ironie und Witz zeigt Gorlicki Körper als Ressource, die sich spiegeln lassen mit der Steigerungslogik einer kapitalistischen westlichen Welt.

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