Interview

Schulte: "Man muss aus der Masse herausragen“

Von 
Nina Kippenhan
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Michael Schulte präsentiert seinen Song „You Let Me Walk Alone“ bei der Bambiverleihung im November 2018 © Soeren Stache/dpa

Von Coversongs auf YouTube bis auf die ganz große Bühne. Michael Schulte hat es geschafft. Im vergangenen Jahr konnte der 28-Jährige einige Erfolge verbuchen. Highlights waren sicherlich der vierte Platz beim Eurovision Song Contest, eine Bambi-Auszeichnung und die Geburt seines ersten Kindes. Nun meldet sich der Singer-Songwriter mit seiner „Dreamer-Tour“ zurück. Am Sonntag, 10. Februar, ist er im Ludwigshafener Kulturzentrum „das Haus“ zu sehen.

Herr Schulte, wie ist das Tourleben für Sie? Bleibt vor lauter Terminen noch Zeit zum Nachdenken?

Michael Schulte: (lacht) Ja doch, da bleibt mir schon noch Zeit. Bisher läuft es relativ entspannt. Wir waren ja auch davor noch im Urlaub und sind deshalb auch einigermaßen erholt. Ich habe die Termine so gelegt, dass ich immer vier Konzerte spiele und dann drei Tage Pause habe, damit ich auch nach Hause kann. Das war in den vergangenen Tagen auch bitter nötig, weil der Kleine das erste Mal richtig krank war. Da muss man natürlich echt rotieren. Ansonsten klappt alles wunderbar. Ich bin gerade in Köln angekommen, und die Tour geht weiter.

Ihre Songs entstehen dann wohl eher in ruhigeren Phasen, oder bieten sich auf Tour auch Gelegenheiten zum Schreiben?

Schulte: Ein bisschen ruhiger sollte es dafür schon sein. Ich muss mich wirklich ins Studio einschließen und halte mir ganz bestimmte Phasen und Zeiten frei. Jetzt aktuell schreibe ich nicht. Ich habe eigentlich fast den halben Dezember geschrieben und dadurch sehr viele Songs kreiert. Einer davon ist auch gerade erst rausgekommen mit der neuen Single „Back to the Start“.

Also können wir uns auch bald auf ein neues Album freuen?

Schulte: Ganz genau.

Sind die Songs schon im Kasten?

Schulte: Nein, die sind in einer Demo-Form sozusagen aufgenommen, aber bis sie finalisiert werden, dauert das alles noch.

In Ihren Liedern erzählen Sie von sehr privaten Themen wie dem Tod Ihres Vaters. Inwiefern hilft Ihnen Musik, mit solchen Schicksalsschlägen umzugehen?

Schulte: Oh, das hilft sehr. Einerseits auch dieser Moment mit der Musik von anderen, das ist sehr wichtig. Andererseits natürlich aber auch, weil ich mir dadurch einfach Themen von der Seele schreibe. Texte zu schreiben, die all das, was man fühlt, beschreiben, ist eine Form der Selbsttherapie - vielleicht gerade eben, wenn es sehr traurige Sachen sind, die man da zu erzählen hat. Ich finde das auch einfach wichtig, dass ich Songs schreibe über Sachen, die ich selbst fühle und erlebt habe, damit das, was auf der Bühne passiert, auch authentisch ist.

2018 konnten Sie sich den 4. Platz des Eurovision Song Contest sichern. Worauf kommt es beim ESC an? Gibt es ein eine Art Geheimformel für den Erfolg?

Schulte: Eine richtige Formel gibt es dafür nicht. Authentisch muss man sowieso sein, das ist ganz wichtig. Man muss einfach was Besonderes haben und auch ein Gesamtpaket mitbringen. Das ist dann eben ein Zusammenspiel aus der Person, aus dem Künstler, dem Song und natürlich aber auch der Inszenierung auf der Bühne. Es ist dann ja doch auch ein TV-Moment. Man muss, wenn man dann den Vorentscheid gewinnt und tatsächlich beim ESC antreten darf, wirklich hervorstechen aus den ganzen anderen Acts. Es sind sehr, sehr viele Künstler. Die Zuschauer müssen innerhalb von kürzester Zeit sehr viele Songs hören, die sie meistens noch nie gehört haben, und können sich dementsprechend danach nur an ein paar wenige erinnern. Das sind dann Songs, die entweder besonders emotionalisiert haben oder sehr schräg waren. Man muss aus der Masse herausragen.

Empfinden Sie nach dem Erfolg beim ESC einen gewissen Leistungsdruck?

Schulte: Ja, das ist tatsächlich so gekommen. Ich glaube, das kennt jeder, der es irgendwie mal geschafft hat, den großen Durchbruch zu erleben. Eigentlich müsste man denken, dass man dann völlig entspannt sein kann, weil man das, was man so lange möchte, endlich geschafft hat. Aber sobald man das geschafft hat, möchte man natürlich auch gerne so weitermachen. Man macht sich dann bei jedem neuen Song, den man veröffentlicht, echt Gedanken und auch Druck und hofft, dass das einfach so toll weiterläuft.

Sie selbst singen auf Englisch. Kommt es für Sie denn auch in Frage, auf Deutsch zu singen?

Schulte: Nein, wirklich nicht. Ich habe eigentlich schon immer auf Englisch gesungen und werde das auch so weitermachen.

Wie erklären Sie sich die Beliebtheit deutschsprachiger Musik?

Schulte: Ich kann total verstehen, dass viele Deutsche deutschsprachige Musik hören möchten, weil sie dann zum Beispiel auch die Texte besser verstehen. Wobei ich auch glaube, dass die deutsche Musik zwar immer noch total modern, hip und aktuell ist, aber sie hatte eher so vor zwei, drei Jahren ein richtiges Hoch. Die englischsprachige Musik gerade von deutschen Künstlern nimmt wieder ein bisschen zu. Ich bin ja auch ein gutes Beispiel dafür, oder Nico Santos ist auch ein Deutscher, der tolle englischsprachige Musik macht. Ich glaube, das ist ausgeglichen.

Deutschsprachiger Mainstream-Pop steht häufig in der Kritik, zu oberflächlich, zu brav und wenig aussagekräftig zu sein. Stimmt das?

Schulte: Es gibt sicherlich ein paar Künstler oder Songs, die ein bisschen flach sind, aber das kommt manchmal auch einfach so rüber, weil vieles auf Deutsch schnell sehr einfach wirken kann. Die Songs, die auf Englisch geschrieben werden, etwa von internationalen Künstlern und Stars, sind vom Inhalt her gar nicht mal so unterschiedlich. Würde man jetzt mal einen Text von Rihanna auf Deutsch übersetzen, würde man wahrscheinlich auch sagen: Das ist ja irgendwie ganz schön flach und inhaltslos. Manchmal finde ich die Kritik selbst auch nicht ganz berechtigt. Ich meine, nur weil ein Text etwas einfacher geschrieben wird, muss das nicht bedeuten, dass da kein tiefer Sinn drinsteckt. Ich sehe das Ganze nicht so dramatisch. Ich finde auch, dass man sich da ein bisschen entspannen und nicht immer alles kritisieren sollte. Jeder hat seinen Geschmack, und es gibt viele Leute, die diese Musik mögen, und das ist auch total okay.

Das Gespräch wurde telefonisch geführt und vor Veröffentlichung mit Michael Schulte schriftlich vorgelegt.

Konzert in Ludwigshafen

Der Künstler: Der 1990 geborene Michael Schulte begann 2008 Coversongs auf YouTube hochzuladen. 2011 nahm er bei der CastingshowThe Voice of Germany“ teil und erreichte den dritten Platz. Es folgten eigene Studioalben sowie deutschlandweite Tourneen. Im Mai 2018 konnte er sich beim ESC in Lissabon, mit dem Lied „You Let Me Walk Alone“ den vierten Platz sichern. Im gleichen Jahr gewann der Musiker den Publikums-Bambi in der Kategorie „Neue Deutsche Musikstars“.

Das Konzert: Am Sonntag, 10. Februar, tritt Schulte im Kulturzentrum „das Haus“ in Ludwigshafen (Bahnhofstraße 30) auf. Beginn ist 20 Uhr.

Die Karten: Tickets sind an allen bekannten Vorverkaufsstellen zu 27,30 Euro sowie an der Abendkasse (zuzüglich 3 Euro) erhältlich.

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