Hamburg. Robbie Williams nascht aus einer Tüte Kräcker Marke Weight Watchers, als er die Hotel-Suite in Hamburg betritt. „Die haben nur zwei Punkte", meint der 45-jährige Brite schmunzelnd. Seit einem halben Jahr absolviert er das Abnehmprogramm. Fit und schlank ist er auf Erfolgskurs mit dem Weihnachtsalbum „The Christmas Present". Im Interview erzählt er, warum ihm die Platte so wichtig ist.
Mr. Williams, Botschafter von Weight Watchers zu sein steht für einen Weltstar vermutlich nicht ganz oben auf der Coolheitsliste.
Robbie Williams: Ich muss zugeben, als sie mich dafür anfragten, war ich erst mal in meinen Gefühlen verletzt. Ich dachte: So weit ist es mit mir? Aber dann fand ich heraus, wie sie sich neu aufgestellt haben, was es für Menschen tun kann und was es für mich tun könnte.
Nämlich?
Williams: Wichtig ist, dass ich über meine Probleme mit Essen und meine psychische Gesundheit sprechen kann. Und in dem Moment, wo die Worte meinen Mund verlassen, hilft es jemand anderem - so wie es mir geholfen hat, über Probleme mit Essen reden zu hören.
Ist das Stück „Let’s Not Go Shopping“ Ihr Aufruf zu weniger Konsum zum Fest?
Williams: Manche glauben sogar, es wäre ein Lied über Konsumverweigerung! Aber ich wäre ein großer Heuchler, wenn ich so tun würde. Denn ich veröffentliche ein Album zur Weihnachtszeit. Das Gegenteil ist also der Fall: Für mich darf es gerne mehr sein. Ich liebe alles an Weihnachten, inklusive des Konsums.
Hatten Sie schon mal ein katastrophales Weihnachten?
Williams: Ich habe die ganze Palette von unterschiedlichen Weihnachten erlebt: Die Weihnachten mit meiner Mum als Kind, als es sich so majestätisch anfühlte Dann die als Teenager, wo das Fest eine gute Entschuldigung lieferte, um Alkohol zu trinken. Dann kamen die Weihnachten, wo ich nicht länger trinken konnte, weil es mich sonst umgebracht hätte. Das war schwer. Und später kamen dann die Feste mit meiner Frau, womit die Herzenswärme einzog, und dann mit meinen Kindern. Das neueste Upgrade ist nun Weihnachten mit meinem eigenen Weihnachtsalbum.
Warum ist Ihnen diese Platte so wichtig?
Williams: Meine letzten drei Alben gingen zwar auf Platz 1, sind dann aber abgestürzt. Diesmal will ich, dass es immer weiter nach oben geht. Einen Klassiker. Die Coverversionen darauf sind mir ehrlich gesagt egal. Sie sind ein Trick, damit die Menschen meine selbst geschriebenen Weihnachtslieder hören. Und das scheint zu funktionieren.
In Großbritannien haben Sie mit Ihrer 13. Nummer-Eins-Platzierung den Chart-Rekord von Elvis gebrochen. Hier mussten Sie sich Till Lindemann von Rammstein geschlagen geben. Schlimm?
Williams: Wenn jemand meine Nummer 1 in Deutschland verhindert, dann darf und sollte das niemand anderes sein als Lindemann oder Rammstein. Rammstein sind wie die Beatles von Deutschland. Sie haben die Macht und Hoheit, sind riesig. Es ist okay, wenn ich gegen sie oder einen von ihnen verliere. Das Gute ist: Ich habe Zeit mit der Platte.
Wie meinen Sie das?
Williams: Ich werde sie nächstes Jahr noch einmal promoten. Zu diesem Zweck habe ich sieben Songs zurückbehalten. Ich werde also nicht aufgeben, bis das Ding ein Klassiker ist. Auch wenn ich die nächsten Jahre keinen Dezember mehr frei haben werde. Denn vielleicht gehe ich 2020 auch auf Weihnachtstournee.
„Santa Baby“ haben Sie mit Helene Fischer aufgenommen. Hatten Sie sich vorher ihre Alben angehört?
Williams: Ich habe mir Youtube-Videos von ihr angesehen, nachdem ich sie im Radio gehört hatte.
Ist deutscher Schlager nicht befremdlich für Sie?
Williams: Gute Musik ist gute Musik. Dasselbe gilt für gute Melodien und Musikalität. Helene ist nicht nur talentiert, sie macht auch das Beste daraus. Sie könnte sich auf ihren Lorbeeren ausruhen, wie ich es zeitweise mache, aber das tut sie nicht. Sie ist wie eine Olympionikin. Das finde ich beeindruckend.
Sind Sie manchmal selbst überrascht, wie Sie Ihre Karriere hinbekommen haben?
Williams: Ich weiß heute, dass ich ein Kämpfer bin. Trotz des Gefängnisses, das mein Kopf lange Zeit für mich war, trotz meiner Neigung, mich selbst zerstören zu wollen, habe ich all die Karriereschritte getan. Ich habe mich jeden Tag meinen Dämonen gestellt. In der Gegend in England, aus der ich komme, ist es nicht naturgegeben, etwas erreichen zu wollen. Es ist eher so, dass dir dort das Gefühl vermittelt wird, es sei deine Pflicht, materialistische Erfolge zu töten und dich dafür zu entschuldigen. Genau das habe ich lange Zeit getan. Aber damit ist Schluss. Nun werde ich Freude an Erfolgen haben.
Kürzlich sagten Sie, dass Sie den Job machen wollen, bis Sie umfallen. Ernsthaft?
Williams: Ich bin so produktiv wie nie. Ich habe auch noch ein Studioalbum in der Schublade, das ich morgen veröffentlichen könnte. Ich bin süchtig danach, etwas zu erschaffen. Wenn ich an Songs arbeite, gibt mir das Wohlbefinden. Also ja, ich werde weitermachen. So wie Mick Jagger. Nur etwas dicker.
Robbie Williams
- Robert Peter Williams wurde am 13. Februar 1974 in Stoke-on-Trent geboren und 1990 für die britische Boygroup Take That ausgewählt.
- 1997 startete er eine Solokarriere. Das Debütalbum „Life Thru A Lens“ war ein Millionenseller.
- Obwohl ihm der Durchbruch in den USA stets verwehrt blieb, stieg Williams Mitte der 2000er Jahre zum größten Popstar Europas auf. 2003 spielte er vor 65 000 Fans ein Open Air auf dem Mannheimer Maimarktgelände. 2006 füllte er zweimal den Hockenheimring mit insgesamt 180 000 Zuschauern.
- Das zwölfte Solo-Album „The Christmas Present“ erreichte Platz zwei der deutschen Charts. jpk
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