Nationaltheater Mannheim

Proben in der Schildkrötfabrik in Mannheim: „Auf der Bühne entstehen fantastische Momente“

Regisseurin Cordula Däuper inszeniert die Henry-Purcell-Oper „Dido and Aeneas“ in der Alter Schildkrötfabrik in Mannheim-Neckarau - als erste Musiktheater-Aufführung in der neuen Wirkstätte des Mannheimer Nationaltheaters

Von 
Martin Vögele
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Regisseurin Cordula Däuper gibt Regieanweisungen bei einer Probe von „Dido und Aeneas“ in der Alten Schildkrötfabrik in Mannheim-Neckarau. © Christian Kleiner/NTM

Mannheim. Frau Däuper, Sie arbeiten in Ihren Inszenierungen immer wieder mit Puppen bzw. Puppenspiel - jetzt führen Sie bei einer Oper in der vormaligen Fabrik des weltweit ältesten Puppenherstellers Regie. Schließt sich da ein Kreis?

Cordula Däuper: (lacht) Es ist tatsächlich so, dass ja eigentlich auf dem Plan „Die Macht des Schicksals“ von Verdi stand, und das hätte in dem OPAL-Opernhaus am Luisenpark stattfinden sollen, das ja nun nicht fertig geworden ist. Und in meiner Verdi-Inszenierung hätte es tatsächlich Puppen geben sollen, aber bei „Dido and Aeneas“ sind wir ohne Puppen unterwegs.

Wie gehen Sie hier nun vor?

Däuper: Ich arbeite immer gerne mit sichtbaren Theatermitteln, ausgestelltem Theaterspiel und -zauber. Und diesmal - ziemlich ungewöhnlich für mich - arbeiten wir auch mit Video, was sich ja eher am anderen Ende des analogen Theaters befindet (lacht). Das hat aber tatsächlich mit der Schildkrötfabrik zu tun, also mit dieser besonderen Spielstätte. Da es ein langer, schmaler, riesiger Raum ist und markant darin die riesigen Fenster sind, haben wir uns überlegt, dass diese Fenster mitspielen sollen. Es soll von außen darauf projiziert werden. Man sieht zunächst vorbeiziehende Wolken, als schaue man nach draußen in den Himmel. Aber im Laufe des Abends bekommt man das Gefühl, man blicke dort auch in die Psyche von Dido.

Man hört die Stimmen ganz klar und teilweise aus direkter Nähe, das hat etwas ganz intimes und berührendes
Cordula Däuper Regisseurin am NTM

Wir gehen an diesem Abend sehr von Dido selber, von ihrer Perspektive aus. Wir tauchen in ihre Welt hinein, und da geht es rasant durch die unterschiedlichsten Gemütszustände. Das Wetter in ihrer Seele schlägt extrem schnell um, von den dunkelsten Wolken über Gewitter bis zum übertriebenen Sonnenaufgang-Romantik-Moment. Reale Ausblicke werden zur subjektiven Projektionswelt der Hauptfigur. Und so schwappen diese projizierten Bilder auch ins Surreale und so schließt sich der Kreis für mich auch zum Einsatz von epischen Mitteln, wie beispielsweise Marionetten auf der Bühne: Es entstehen in Bezug zu den Figuren auf der Bühne ganz poetische, fantastische Momente.

Grundsätzlich gehen mein Team und ich in der Vorbereitung eines Stücks immer von dem Werk selbst aus und suchen dann die richtigen Mittel, um unsere Ideen umzusetzen und diesmal haben wir uns dabei eben stark vom Raum inspirieren lassen!

Regisseurin Cordula Däuper

  • Cordula Däuper studierte Musiktheater-Regie an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler und inszeniert seit 2005 Oper, Operette und Schauspiel.
  • Am Nationaltheater Mannheim führte sie unter anderem 2014 bei Prokofjews „Die Liebe zu drei Orangen“, 2015 bei Rossinis „Tancredi“, 2020 bei Donizettis „Don Pasquale“ und zuletzt 2021 bei Brittens „Albert Herring“ Regie.
  • Die Premiere von Henry Purcells 1688 oder 1689 uraufgeführter Oper „Dido and Aeneas“ findet am 1. April, 20.30 Uhr, in der Alten Schildkrötfabrik statt. Weitere Aufführungen: 2., 4., 6., 8., 9., 11., und 12. April, jeweils 20.30 Uhr.
  • Karten gibt es unter Tel. 0621/1680150 oder www.nationaltheater-mannheim.de.

 

Verlangt dieser Raum auch eine andere Abstimmung mit Dirigent David Parry und den Musizierenden?

Däuper: Absolut. Der Raum ist wirklich 30 Meter lang und wir spielen über die Längsseite. Das heißt, das Orchester sitzt ganz links und teilweise sind die Sänger vom Orchester, sagen wir mal, 20 Meter getrennt. Was ja auf einer großen Opernbühne auch vorkommen kann. Aber es ist natürlich etwas anderes, wenn sich das Orchester vor den Sängern befindet und der Dirigent wiederum davor und alle in eine Richtung musizieren.

Es gibt überall natürlich Monitore, damit der Dirigent gesehen wird. Wir haben bisher einen sehr guten akustischen Eindruck: Der Raum ist weder hallig - was man bei einer so großen Halle erwarten könnte - noch trocken, sondern akustisch sehr schön. Man hört die Stimmen ganz klar und teilweise aus direkter Nähe, das hat etwas ganz intimes und berührendes. Und man bekommt alles sehr gut zusammen.

Das alte „Schildkröt“-Gebäude in Mannheim-Neckarau. © Thomas Tröster

Wie gestaltet sich die künstlerische Zusammenarbeit mit David Parry?

Däuper: Das ist tatsächlich ein großes Glück gewesen. Wir kannten uns vorher nicht. Gerade in so einem barocken Stück, wo es etliche Gestaltungsfreiräume gibt, muss man eine gemeinsame Sprache finden. Wir bauen hier beispielsweise Donnerblech, Windmaschine, zwitschernde Vögel ein - und das müssen dann beide mögen (lacht). Er denkt szenisch mit und macht Vorschläge, wie man Übergänge gestaltet oder wie man szenische Aktionen noch unterstreichen kann, musikalisch oder mit Geräuschen. Er war auch die ganze Zeit bei den Proben anwesend und da haben wir wunderbar Hand in Handgearbeitet.

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Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
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Was bedeutet „Dido and Aeneas“ als Opernwerk für Sie?

Däuper: Diese einstündige Oper ist ja quasi eine große Oper in komprimierter Form. Es gibt alles darin an emotionalen Zuständen, alle Affekte von Wut, Angst, Sehnsucht, Freude, Trauer sind da auf engstem Raum vereint. Deshalb ist es ein sehr intensives, sehr dichtes und hoch emotionales Werk.

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