Eine laue Sommernacht, in der das Wetter hält, der Burggraben in Neckarelz als schmucke Open-Air-Location, dazu Essen und Getränke zu humanen Preisen - die idealen Faktoren, um beim Konzert von Deep Purple am Sonntag einen rundum gelungenen Rock-Abend zu verbringen.
Und wenn mit den "Blues Pills" aus Schweden dann auch noch eine junge, munter aufspielende Vorband mit dabei ist, dann ist das eine runde Sache.
Wenig Überraschungsmomente
Freilich - wer die seit Jahren munter durch Deutschland und den Rest der Welt fleißig tourende Hard-Rock-Institution schon öfters gesehen hat, der vermisst vielleicht etwas die Überraschungsmomente. Die Setlist haben die Mannen um Gründungsmitglied Ian Paice (Schlagzeug) schon lange nicht mehr geändert. Nach der Tournee im Herbst vergangenen Jahres hätte eine Auffrischung den Open Airs im Sommer 2016 gut getan. Immerhin aber sollen dies die letzten Konzerte sein, die "Deep Purple" im Rahmen einer Welt-Tournee spielen wollen. Da muss man dann einfach nochmal hin, bevor die alten Herren nicht mehr vor die Haustüre gehen. Und bedenkt man, dass Bassist Roger Glover und Sänger Ian Gillan bereits 70 Jahre alt sind, ist dann da noch das Thema "Biologie", das einem erneuten Konzerterlebnis mit den Engländern in die Quere kommen könnte.
Perfekt eingespielt
Was sehr schade wäre. Denn "Deep Purple" sind eine perfekt eingespielte Band, die noch die gute, alte Schule des Rock drauf hat: ausufernde Soli, einige technische Gimmicks an Tasten und Saiten, Riffs für die Ewigkeit. Dass Ian Gillan schon lange nicht mehr der frenetische Erklimmer schwindelerregender Kopfstimmen-Höhen ist - geschenkt. Der bluesige Touch, den seine Stimme im Alter bekommen hat, passt bestens zu Hits wie "Perfect Strangers", "Black Night" und dem unvermeidlichen "Smoke on the Water", mit dem - traditionell - auch das Konzert in Neckarelz endet, das - ebenso traditionell - mit "Highway Star" eingeleitet wurde. Und die neueren Stücke wie "Hell to pay" sind keine Alibi-Füller, sondern schmiegen sich perfekt in das Set ein.
Die Musik im engeren Sinne machen schon lange Gitarrist Steve Morse, der heuer seit 20 Jahren in der Band ist und damit den legendären Ritchie Blackmore an Dienstjahren überholt hat, und Keyboarder Don Airey. Sie sorgen für die verspielten Momente und Kabinettstückchen, die zu einer klassischen Rock-Show eben dazu gehören, während sich anderen die drei Musiker auf die Basis konzentrieren.
Nach zwei Stunden "Deep Purple" stellt man fest: Irgendwie ein "gut abgehangener", routinierter Abend ohne allzu große Überraschungen. Allerdings auf einem so hohen Niveau, dass man immer wieder gerne zuschaut und zuhört.
Sängerin im Mittelpunkt
Zuschauen - das ist bei den "Blues Pills" vorher bereits die Devise. Genauer gesagt kleben die Blicke der Besucher nahezu an Frontfrau Elin Larsson, die sich ganz ihrem Gesang und ihrer Bühnen-Performance hingibt und die große Rock-Lady mimt. Dass die Männer der seit einiger Zeit schwer gehypten Retro-Rock-Band dagegen recht blass aussehen, Larsson die Musiker nahezu zu Statisten degradiert, daran ist auch das wenig spektakuläre Songmaterial Schuld, das teils zähflüssig aus den Boxen wabert.
Aber wer braucht schon Killer-Riffs und Ohrwurm-Melodien, wenn eine bestens aufgelegte Röhre wie Larsson dazu im hautengen schwarzen Kostüm die Haare fliegen lässt, hüpft und einen wahren Seelenstriptease hinlegt?
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