Kunst - In den Straßen Heidelbergs und Mannheims gibt es bei der Aktion "Mut zur Wut" gesellschaftskritische Plakate zu sehen

Plakate mit Mut zur Anteilnahme

Von 
Anna Suckow
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Johannes Nathows Plakat für Wutbürger und solche, die es werden sollen.

© hf

Man sieht verwirrte Blicke der Passanten. Bestürzung, aber auch Neugierde. Auf dem Plakat schaut den Betrachter ein Gesicht mit Milchbart an. Doch bei genauerem Betrachten entpuppt sich dieser als radioaktiv. Ab dem 5. August hängen am Alten Messplatz Plakate, die nicht wie üblich Partys ankündigen oder Werbung für irgendwelche Produkte machen. Sie werben für Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft, für einen bewusst fairen Umgang mit der Umwelt oder Standhaftigkeit gegenüber politischer Korruption. Es sind die 30 Sieger des dritten Wettbewerbs "Mut zur Wut", der mit Hilfe von Bildern, Schriften und Wortspielen auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam machen und zum Nachdenken aufrufen will . Ein Beispiel ist das Motiv mit hochgereckten Fäusten und Stühlen und der zweideutigen Typografie, sich zu "wi(e)der setzen", als Aufruf zum Kampf gegen die Bequemlichkeit.

Teilnehmer aus aller Welt

Initiiert wurde das Projekt 2010 von dem Heidelberger Grafikdesigner Götz Gramlich und dem ebenfalls aus Heidelberg stammenden Werbefachmann Marcello Lucas, "um die Leute auf der Straße zum Nachdenken über soziale Missstände anzuregen", so Gramlich. "Darfur habe ich keinen Nerv" sagt eines der Motive, und will damit die allgemeine Gleichgültigkeit gegenüber Ungerechtigkeit, die uns nicht direkt betrifft, vor Augen führen - wie der Bürgerkrieg in Darfur. Die Auswahlkriterien der Jury, die dieses Jahr besonders klassische und plakative Modelle auswählte, sind neben formalen Aspekten die Aussage. "Der Bürger auf der Straße soll sofort verstehen, worum es geht", erklärt Götz Gramlich. Wie auf dem Plakat mit der dicken Friedenstaube auf schwarzem Grund: "Increase the peace" steht darauf zu lesen - der Friede soll zunehmen. Dabei fallen neben der Kreativität und hohen Qualität der Motive bei näherer Beschäftigung mit den Hintergründen auch die Herkunftsländer der jungen, aber teils auch schon etablierten Gestalter auf: Neben europäischen Plakaten hängen kritische und intelligente Motive aus Japan, Brasilien, China und dem Iran. "Gerade der Mut der Teilnehmer aus Ländern mit eingeschränkter Meinungsfreiheit ist bewundernswert", findet auch Stephan Teuber von der Gesellschaft für innovative Marktforschung, einer der Sponsoren. Eines dieser Motive zeigt ein einsames Kind in einem endlosen Meer. Es sitzt auf einzeln vor sich hin treibenden Computertasten. Ein Aufruf, seine Kinder nicht in der weiten Welt des Internets alleine zu lassen.

Dieses Jahr gab es auch an der Fachhochschule Mannheim einen dreitätigen Workshop zu der Gestaltung eines Plakats, und in der zur "KunstHalle" mutierten Halle 02 in Heidelberg können die Poster im Trockenen betrachtet werden; darüber hinaus gibt es dort auch einen Katalog und die Motive des Wettbewerbs als Plakate zu kaufen.

Redaktion

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