Zeitzeichen

Pfälzer Eigenheiten sorgen für Probleme

Von 
Georg Spindler
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Du kannst den Bub aus der Provinz schaffen, aber du kriegst die Provinz nicht aus ihm raus – so lautet ein US-Sprichwort. Wer Pfälzer ist, der weiß Bescheid. Auch wenn es ihn in Metropolen verschlägt oder gar in höchste Positionen, etwa ins Kanzleramt, der trägt zwei Dinge weiter mit sich: seinen Dialekt und die Vorliebe für bodenständige Kost.

Gut, mit den Segnungen des Fortschritts (moderne Erziehung und Schulausbildung) ist manches nicht mehr so schlimm wie in den 1970ern. Damals lernte man bei TV-Auftritten mancher Landsleute, die sich etwa der Nation als „Schbeyermer Brezelbu“ vorstellten, das Fremdschämen. Aber in Zeiten des grassierenden Veganismus können einen Ur-Pfälzer Verstöße gegen traditionelle Speisevorschriften die Zornesröte ins Gesicht treiben. Wer etwa Bratwürste (selbstredend immer nur paarweise) oder Saumagen (nachhaltigen Dank an Helmut Kohl) mit Sauerkraut bestellt und beides dann mit Bratensoße überschwemmt serviert bekommt, der flucht bei diesem Frevel vor sich in. Denn trocken soll die Speise sein wie auch der Wein. Apropos Wein: Selbigen nicht im Viertelglas zu servieren, sondern im 0,2-Liter-Behältnis (und dann natürlich überteuert), ist schlichtweg eine Todsünde. Aber solche Vergehen passieren heutzutage auch in Pfälzer Gastronomie-Etablissements. Das hängt wohl damit zusammen, dass immer mehr neu zugezogene Nicht-Pfälzer ihre heimischen Untugenden mitbringen. Im Gegensatz zu ihnen weiß der wahre Pfälzer nur im 0,25-Liter-Maß seinen Alkoholpegel einzuschätzen. Tradition verpflichtet. 

Redaktion

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