Mit der hinreichend bekannten Geschichte von Romeo und Julia hält sich Oliver Frlji´c nicht lange auf. In Shakespeares Tragödie, deren Premiere im Schauspiel Stuttgart begeistert aufgenommen wurde, lässt der Regisseur die Handlung von Pater Lorenzo (Thomas Meinhardt) nur kurz zusammenfassen. Und konzentriert sich vor dem Hintergrund der feindlichen Familien Capulet und Montague auf menschliche Antriebe, in denen Textwiederholungen die Lebenslügen manifestieren. Etwa im Zwist zwischen Familienpatriarch (Klaus Rodewald) und aufmüpfiger Tochter.
Oder bei dem in Liebe zu Romeo entbrannten Tybalt (David Müller), der seine Eifersucht auf Julia mit der Loyalität zur eigenen Familie verwechselt. Ausgehend vom Tod der beiden unglücklich Liebenden, machen starke sinnliche Eindrücke und Symbole das in Rückblenden erzählte packende Spiel des zwölfköpfigen Ensembles (mehrere Darsteller spielten schon in Mannheim) in renaissancehaften Kostümen (Sandra Dekani´c) zu einem traumbildhaften, fast cineastischen Erlebnis.
Als Zeichen für die Unvereinbarkeit der Parteien begeistern auf der düsteren Bühne (Igor Pauka), die mit Grabsteinen und Kerzen Schauerroman-Atmosphäre transportiert, krasse Gegensätze: Poprhythmen und von Streichern durchzogene Totenstille, leidenschaftliche Lust und seelenvolle Trauer, wilde Trash-Opern-Tänze und romantischer Gesang (Sandra Hartmann) einer überdimensionalen angebeteten Justitia-Liebesgöttin.
Eindrucksvolle Vervielfältigung
Für magische Momente sorgen Spiegel, die die Darsteller in den Hintergrund hinein vervielfältigen.
Und Hieronymus-Bosch-Gestalten spielen auf eine allgemeingültige Polarität von Himmel und Hölle auf Erden an, wo der Name der Familie der Feind ist und zum sinnlosen Tod führt. Überzeugend, aber auch an der Grenze zur Überdrehtheit schreit Nina Siewert (Julia) gegen ihr Schicksal an. Jannik Mühlenwegs (Romeo) langer wissender Blick auf die Holzsärge, die bei Frlji´c als Vorboten des Todes stets präsent sind, gehört zu den eindringlichsten Momenten.
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