Klassik - Musikalische Meisterschaft in Reinkultur

Musikalische Meisterschaft beim Saisonfinale der Mannheimer Philharmoniker

Von 
Raimund Frings
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Star-Pianist Sergei Babayan glänzt als Gastsolist. © Marco Borggreve

Anregendes Saisonfinale der Mannheimer Philharmoniker: Ihr siebtes Konzert lässt besondere Juwelen der symphonischen Klassik erleben, Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 mit dem Ausnahmepianisten Sergei Babayan und die legendäre Symphonie „Pathétique“ von Tschaikowsky. Dirigent und Künstlerischer Leiter Boian Videnoff wendet sich beim nicht enden wollenden Schlussapplaus direkt ans Publikum mit einem besonderen Dank für eine herausragende, weil besonders schwierige Spielzeit. Die Leistung seines Orchesters mit 65 jungen hochqualifizierten und noch nicht ganz gesettelten Musikern aus 35 Ländern sei außerordentlich. Sichtbarster Erfolg für das Wirken seines ungewöhnlichen Ensembles: „Wieder haben es dieses Jahr einige geschafft, feste Stellen in angesehenen Orchestern zu besetzen“, so Videnoff.

Ehrfürchtig konzentriert

Doch zurück zum Beginn. 20 Uhr im Mozartsaal des Rosengartens. Man kann eine Stecknadel fallen hören, bis Sergei Babayan die Bühne betritt. Dann die ersten Akkorde des in die USA übergesiedelten Armeniers, ehrfürchtig, konzentriert. Vom Fagott ausgehend entwickelt das Orchester in sanften Wellen die schwermütigen Melodien des Kopfsatzes des um das Jahr 1900 entstandenen Konzerts, bis das Klavier endgültig die Führung übernimmt. Die Komplexität der Melodien nimmt zu, besonders im „Allegro scherzando“ des dritten Satzes: Babayan lässt intensiv die tiefe Beunruhigung aber auch die dankbare Freude des Komponisten nach langen Monaten des Zweifels spüren. Wie transparent er die wühlende Gefühlswelt Sergei Rachmaninows übersetzt, wie rigoros angelegte Dialoge mit dem Orchester nie entgleiten! Das ist Meisterschaft in Reinkultur.

Bei Pjotr Tschaikowskys Symphonie Nr. 6, dem kurz vor dem Tode des Komponisten entstandenen wie ein Requiem wirkendes Opus, entfalten die Mannheimer Philharmoniker ihre Fähigkeiten; der intimen Qualität der „Pathétique“ sind sie jederzeit gewachsen. Einzelstimmen wie Klarinette, Fagott oder Flöte sind vom großen russischen Komponisten in sensibler Lyrik ausgestaltet, die Musiker zeigen wie selbstverständlich technische Klasse und instrumentale Brillanz. Streicher und Blechbläser inszenieren die stürmischen Melodielinien des dritten Satzes in kraftvoll diszipliniertem Crescendo: Das staunende Publikum lässt sich zu einem spontanen Sonderbeifall hinreißen. Tief empfunden und gelungen: die zart verhauchenden Striche der Kontrabässe im „Adagio“ des vierten Satzes.

Die Philharmoniker zeigen sich professionell, dazu bis in die Körpersprache als begeisterungsfähiges Team: Boian Videnoff hat sein Orchester zweifellos sorgfältig und umfassend vorbereitet – auf die nächsten Konzerte im Rosengarten, in anderen renommierten Häusern und natürlich auf den Eintritt in das „richtige“ Berufsleben. Herauszuheben ist die Homogenität der einzelnen Instrumentengruppen, was bei jeweils einem Dutzend Erster und Zweiter Geigen, vier Hörnern und drei Posaunen keineswegs als Trivialität zu werten ist. Die Vorfreude auf die nächste Saison steigt.

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