Es ist die sakrale Bedeutung der Kathedrale, es ist seine ungeheure Raumwirkung, die den Internationalen Musiktagen im Dom zu Speyer seit jeher den Rahmen vorgeben. Und die Anreize bieten, programmatische Grenzen auszudehnen. Wie auch in diesem Jahr, wenn die Musiktage am 17. September eröffnet werden.
Insgesamt 150 Aufführende - darunter der Domchor und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz - setzen das Oratorium "Der Seele Ruh'" des zeitgenössischen Komponisten Roland Kunz in Szene. Ein grandioses Musikereignis, das dem Vernehmen nach bereits beachtliche Kartennachfragen ausgelöst hat. Ein Komponistenporträt ist dem von 1886 bis 1946 lebenden Heinrich Kaminski gewidmet. In den 1920er Jahren zu Berühmtheit gelangt, geriet der jüdischstämmige Komponist in Vergessenheit. Während des Nationalsozialismus standen Kaminskis Werke unter Aufführungsverbot. Anschließend schien er - als tonal komponierender Musiker - "aus der Zeit gefallen", wie der Neustadter Kirchenmusiker Ulrich Loschky gestern beim Pressegespräch erläuterte.
Auch Werke von Kaminski dabei
In Speyer werden neben Kaminskis Hauptwerk, dem Magnificat, auch kammermusikalische Werke sowie Orgelkompositionen aufgeführt. Ein Symposion befasst sich am 24. September mit der Biografie und der Kompositionstechnik Kaminskis. An ihm nimmt auch der frühere Bundesminister Christian Schwarz-Schilling teil. Dessen Vater Reinhard war Kaminski-Schüler. Eine seiner Kantaten wird in Speyer aufgeführt.
Überdies werden das Ensemble La Reverdie und das Minguet Quartett die Domkrypta mit Klängen erfüllen. Frieder Bernius und der Stuttgarter Kammerchor sind am 8. Oktober in der Kirche St. Bernhard zu erleben. Das Abschlusskonzert huldigt am 3. Oktober mit Honeggers "Biblischen Helden" und Hakims "Saul de Tarse" abermals der Moderne. urs
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