Kann man Rassismus und Identitätssuche auf humoristische Weise darstellen? Mithu Sanyal (Bild) beweist mit ihrem Debütroman „Identitti“, dass sie exakt diese Herangehensweise nötig haben, um den Blick dafür zu schärfen.
Die Kulturwissenschaftlerin und Journalistin hat am Donnerstag im Rahmen des Festivalsommers „Kultur in the City“ aus ihrem Werk vorgelesen. Die ausverkaufte Veranstaltung, eine Kooperation der Stadtbibliothek Mannheim und der LSBTI-Beauftragung der Stadt, hat 100 Besucher auf die Wiese vor der CityKirche Konkordien gelockt.
Shitstorm im Internet
Yilmaz Holtz-Ersahin, Leiter der Stadtbibliothek, moderierte den kurzweiligen Abend. In der Geschichte entpuppt sich Prof. Dr. Saraswati, Professorin für Postcolonial Studies in Düsseldorf, und angeblich Person of Colour, als Weiße.
Die Entdeckung löst einerseits einen Shitstorm im Internet aus. Andererseits sorgt die Enthüllung dafür, dass die Studentin Nivedita der Dozentin jede Menge intime Fragen stellt. Die junge Frau, die unter dem Pseudonym „Identitti“ einen Blog über Race und Sexualität schreibt, beginnt zudem, sich mit ihrer eigenen Identität auseinanderzusetzen. „Mannheim ist super“, lobt Sanyal und lächelt. Wenn sie mit ihrer sonoren, warmen Stimme vorliest, hängt das Publikum buchstäblich an ihren Lippen. Sie liest prägnante Passagen vor, etwa die Szene, in denen die beiden Frauen das erste Mal aufeinander treffen. Einen Blogeintrag von „Identitti“ und Niveditas Dialoge mit der Göttin Kali gibt Sanyal ebenfalls zum Besten.
Schnörkellose, klare Sprache
Sie äußert sich zur Erinnerungskultur im Bezug auf Kolonialismus, Feminismus und Hinduismus - und zwar stets mit ihrer schnörkellosen, klaren Sprache. Auch Fragen von Zuschauern beantwortet die Düsseldorferin. Es gibt Parallelen zu der Protagonistin und Sanyal: Beide haben einen indischen Vaters und eine polnische Mutter. Holtz-Ersahin möchte wissen, wie viel Autobiographisches in dem Roman steckt. „Ich bin alle Figuren in dem Buch“, antwortet sie diplomatisch.
Doch ihr Werk als autobiografisch zu bezeichnen, sei „Etikettenschwindel“, sagt sie und fügt lachend hinzu. „Ich habe Fantasie und mache eine andere Form von Literatur.“ (Bild: dpa)
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