Man ist sich nach diesem Samstagabend in der ausverkauften Alten Feuerwache nicht ganz sicher, was zur Rolle der Kunstfigur Martin Sonneborn gehört, und wo der Satiriker sein eigenes Schaffen gewissermaßen von außerhalb kommentiert. Das Konzept funktioniert vielleicht gerade deshalb so hervorragend. Seit 2014 sitzt der 54-Jährige für die von ihm mitgegründete Satirepartei „Die Partei“ im Europaparlament. Sein unkompliziertes Live-Programm gleicht dabei insgesamt eher einer Analyse der politischen Arbeit der „Partei“.
Erstmal zwei Bier
Beim Live-Auftritt betritt der ehemalige Chefredakteur der Satirezeitschrift „Titanic“ ohne jede Ankündigung, die Bühne und bestellt sich erstmal zwei Bier. Mit bissigen Kommentaren erklärt der Göttinger dann in lässigem Tonfall sein Tun und zeigt dazu Bilder und Videos. Die teilweise schon bekannten Pointen lösen bei seinem Publikum verlässlich Lacher, aber keine Jubelstürme aus. Der 54-Jährige ist eben auch kein Comedian, sondern Satiriker. Und dieses komplexe Handwerk beherrscht Sonneborn ausgezeichnet. So prangert er beispielsweise politische Missstände an, wenn er von E-Privacy oder zu hohen Verteidigungsausgaben redet.
Nach der Pause gestaltet der Gastgeber das kurzweilige Programm offener und intuitiver. Er beantwortet Fragen aus dem Publikum und erzählt Anekdoten aus dem Europäischen Parlament. „Krawall und Satire“ hatte er vorab versprochen. Der Krawall ist dabei zwar nie laut oder knallig, deshalb aber nicht weniger scharf. Sonneborn kann mit seinem Programm den Abend über ausgezeichnet unterhalten.
Mit dem Aufruf, Mitglied der „Partei“ zu werden, beschließt der Satiriker den Auftritt in Mannheim. „Eine niedrige Mitgliedsnummer kann ihnen später berufliche Vorteile bringen“, ruft Sonneborn noch ins Publikum. Es bleibt die einzige offene politische Werbung für seine „Partei“ während des gesamten Abends.
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