Vom Konditor zum Fotografen - so ließe sich der Werdegang von Guido Mangold kurz zusammenfassen. Eine längere Rückschau beinhaltet Namen wie Otto Steinert, Uschi Obermaier oder John F. Kennedy und führt um die halbe Welt. Ab 10. Mai zeigt das Kurpfälzische Museum in Heidelberg eine Werkschau des Fotografen, der im Interview berichtet, wie er mächtige Menschen vor die Kamera bekam. Ein Gespräch über Lebenspläne, scheue Rehe und misstrauische Staatsoberhäupter.
Herr Mangold, als ein Motto Ihres Lebens nennen Sie gern ein Goethe-Zitat: Man sieht nur, was man weiß. Was müssen Sie wissen, bevor Sie auf den Auslöser Ihrer Kamera drücken?
Guido Mangold: Bei mir ist es so: Je besser ich mich über eine Situation informiere und über die Umstände Bescheid weiß, desto mehr sehe ich. Ich habe immer versucht, gut vorbereitet zu sein, damit ich in den vier Wochen, die ich für "Geo" am Ende der Welt rumkrauche, auch weiß, worum es geht, und nicht wie ein Tourist durch die Gegend laufe.
Dass Sie Fotograf geworden sind, haben Sie selbst einmal als großen Glücksfall bezeichnet. Hatten Sie eigentlich andere Pläne?
Mangold: Mit 14 Jahren wurde ich von meinen Eltern ungefragt aus der Schule genommen und kam in eine Bäckerlehre. Das war sehr bitter für mich. Damals fasste ich mir als junger Kerl das Ziel, innerhalb von zehn Jahren auszuwandern und genug Geld zu sparen, um einen anderen Beruf zu lernen - welchen, wusste ich noch nicht. So kam es, dass ich 1954 mit 20 Jahren nach Vancouver auswanderte. . .
. . .das Sie früher wieder in Richtung Deutschland verließen als gedacht.
Mangold: Ja. Nachdem ich alles wie geplant durchgezogen hatte, was das Sparen anbelangt, nahm ich an einem Fotowettbewerb der "Vancouver Sun" teil. Ich war damals ein kleiner Foto-Amateur wie Millionen andere auch. Meine Fotos belegten die ersten drei Plätze - das war der Anstoß, es mit der Fotografie zu versuchen. Ich schrieb drei verschiedene Fotografen an. Einer davon war Toni Schneiders in Lindau, der mir riet, ich solle auf die Werkkunstschule Saarbrücken zu Otto Steinert. So war ich schon nach drei Jahren wieder zurück in Deutschland.
1962 haben Sie auf eigene Faust eine Reportage im St. Elisabeth-Krankenhaus in Ravensburg fotografiert und sind so zu Ihrem ersten Vertrag mit einer Illustrierten gekommen. Wie oft kam es vor, dass Sie ein Thema abseits der Arbeit so sehr gefesselt hat, dass Sie sich ihm widmen wollten?
Mangold: Das ist schwer, denn ich habe ja in erster Linie immer direkt Aufträge bekommen. Aber natürlich habe ich auch selbst Geschichten vorgeschlagen, die die Redaktion dann akzeptiert hat. Bei meinem Auftrag mit Uschi Obermaier 1968 für "twen" war es zum Beispiel so, dass ich eine Anzeige für eine Kamerun-Reise für 800 Mark fand und daraufhin eine Reportage über das Land machen wollte. Der Chefredakteur meinte dann, ich solle ein Mädchen mitnehmen, das als roter Faden durch die Geschichte führt und dabei nicht viel kosten darf. Ich hatte drei zur Auswahl: Eine war zickig, die andere wollte mehr Geld, die dritte hatte eine gute Ausstrahlung und freute sich einfach nur auf die Reise. Das war Uschi Obermaier.
2010 haben Sie sie nach über 40 Jahren wiedergetroffen. Wie war das für Sie?
Mangold: Das war wider Erwarten ganz locker. Wir waren uns beide einig, dass wir jederzeit noch mal drei Wochen lang nach Kamerun fahren würden.
Ihre Bilder von Persönlichkeiten wie Adenauer, Brandt oder Kennedy gehören zu den Dokumenten der Zeitgeschichte. Lässt sich so etwas absehen?
Mangold: Nein. Man hat ja das Gefühl der Jetzt-Zeit und denkt beim Fotografieren nicht daran, was das in 30 Jahren möglicherweise bedeutet. Eines meiner Bilder hält den letzten misstrauischen Blickwechsel zwischen Konrad Adenauer und John F. Kennedy am Ende von dessen Berlin-Besuch fest. Dass Kennedy den Kanzler offenbar für einen verbitterten alten Mann hielt, las ich erst Jahre später.
Sie haben in Ihrer Laufbahn viele Prominente und Künstler fotografiert, die genau wissen, wie sie sich zu präsentieren haben. Gelingt es da überhaupt, die Person hinter der Fassade abzulichten?
Mangold: Das kann ich nur schaffen, indem ich mich als Fotograf völlig zurücknehme. Früher hatte ich einen einfachen Trick. Ich drehe mich weg und beschäftige mich mit meiner Kamera, während die Person sich entspannt und von sich aus eine gute Stellung einnimmt. Man könnte auch sagen: Man darf das Reh nicht aufscheuchen, bevor der Schuss kommt.
Werdegang: Guido Mangold wurde 1934 in Ravensburg geboren. Ab ...
Werdegang: Guido Mangold wurde 1934 in Ravensburg geboren. Ab 1957 studierte er Bildjournalismus in Saarbrücken und Essen bei Otto Steinert. 1960 gewann er die Goldmedaille der Foto-Biennale in Mailand, 1962 den World Press Photo Award für ein Porträt Louis Armstrongs. Er arbeitete für Magazine wie "Stern" und "Geo".
Ausstellung: Vom 10. Mai bis 22. Juli sind 130 Fotos von Guido Mangold aus der Zeit von 1958 bis heute im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg zu sehen. Vernissage: Mittwoch, 9. Mai, 19 Uhr (Hauptstr. 97, Di-So 10 bis 18 Uhr). Ein Katalog zu Ausstellung erscheint bei Schirmer/Mosel und ist für 36 Euro erhältlich. dte
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