Musik

Ludwigshafener Rapper Apache 207 vollendet das letzte Kapitel des Albuns „2sad2disco“

Von 
Elisabeth Nützel
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Apache 207 zeichnet in seinem letzten Album-Kapitel das Bild eines düsteren Menschen zwischen Ekstase und Betäubung. © Sony

Pünktlich zum Jahresende vollendet der Ludwigshafener Rapper Apache 207 sein Album „2sad2disco“. Ein zugegebenermaßen etwas unkonventionelles Projekt, denn das Werk erschien in vier Kapiteln. Jeden Monat eine neue Dosis Apache in Form von drei Songs, welche sich am Ende zu einem Gesamtwerk zusammenfügen sollen. Das vierte und letzte Kapitel vollendet nun das Ganze.

Neben der bereits in der Vorwoche veröffentlichten Single „Sport“ finden sich in diesem Kapitel die letzten beiden der insgesamt zwölf Albumtracks. Auch abseits des Erscheinungskonzepts gab es die eine oder andere Überraschung in Form von cleveren Marketing-Gags. So war etwa im Musikvideo zur ersten Single „2sad2disco“ die vermeintliche Handynummer von Apache versteckt, unter der man einen unterhaltsam verpackten Hinweis auf ein Promo-Gewinnspiel erhielt. Keine dumme Idee, bedenkt man die wohl größte Zielgruppe des Rappers, deren Reaktion auf den Trick prompt auf TikTok zu begutachten war.

Vom Jurastudium in die Charts

  • Apache 207 wurde am 23. Oktober 1997 in Ludwigshafen als Volkan Yaman geboren. Sein Abitur machte er am Theodor-Heuss-Gymnasium und studierte danach zwei Semester Jura in Mainz.
  • Seine Debütsingle „Kleine Hure“ veröffentlichte er 2018 noch in Eigenregie. Wenige Songs später folgte der Plattenvertrag mit dem Label TwoSides, welches zur Sony-Gruppe gehört.
  • Sein im Juli 2020 veröffentlichtes Debüt-Album „Treppenhaus“ landete auf Platz eins der deutschen Charts.

Tritt man allerdings einen Schritt zurück, um das Gesamtbild zu betrachten, eröffnet sich unweigerlich die Frage nach dem Motiv hinter dieser eigenwilligen Veröffentlichungsreihe. Denn jedes einzelne Kapitel wartete nicht nur mit einer eigenen Single-Auskopplung auf, sondern auch mit einem eigenen, offensichtlich aufwendig produzierten Musikvideo. Doch Fans der ersten Stunde wissen: Das Herzstück der künstlerischen Expression von Apache 207 war stets die visuelle Interpretation. Setzt man die videografischen Puzzleteile zusammen, ergibt sich eine Reise durch Straßen, Clubs und Hotelzimmer – eine lange Nacht inklusive choreographierter Tanzeinlage, Schlägerei und Verfolgungsjagd. Die einzige Konstante: der Rapper in der schwarzen S-Klasse.

Erwachen voller Selbstzweifel

Er nimmt den Zuschauer von einer Szenerie mit in die nächste und bringt auf halber Strecke noch einen Jungen zurück nach Hause – die Welt von Apache ist nichts für kleine Kinder. Als die Mutter das Kind in die Arme schließt, offenbart sich der Name auf dem Fußballtrikot als sein eigener: Volkan. Wieder ein autobiografisches Element – das Kind von der Straße, ein Selbstbild, das den Rapper tief zu prägen scheint.

Auf gewohnt metaphorisch aufgeladene Art zeichnet er im weiteren Verlauf das düstere Bild eines Menschen zwischen Ekstase und Betäubung. Auf die eskalierende Party („Sport“) folgt ein Erwachen voller Selbstzweifel und Reue („Der Teufel weint“). Damit bedient der Ludwigshafener die von seinen Rap-Kollegen so selten befahrene Schiene der Selbstreflexion, bringt jedoch letztlich angesichts seiner immergleichen Fehler nicht mehr zustande, als ein „Babe, es tut mir leid.“ Man möchte es ihm verzeihen, angesichts der Exzesse, die scheinbar von Nöten sind, um den eigenen Zustand zu vergessen. „Nur bisschen Party und bisschen Saufen“ rappt er in „Thunfisch & Weinbrand“ – ein Titel, der an den Nachgeschmack derartiger Nächte erinnert und sich auch danach anhört: dröhnend und ungewöhnlich aggressiv.

Dennoch treffen auch in diesem Werk klassische Rap-Elemente auf die Widerwilligkeit eines Rappers, der sich demonstrativ die Tür vor der Nase zuschlagen lässt („Der Teufel weint“) und lieber ein Fahrrad kauft als ein Auto („Thunfisch & Weinbrand“). Obgleich auch hier wieder von nichtsgönnenden Blockjungs die Rede ist, konzentriert sich das allgemeine Narrativ dieses Albums doch im Vergleich zu seinem Vorgänger weniger auf die Vergangenheit seines Urhebers als auf die Gegenwart und den neuen Status quo: einen noch depressiveren Touch, aber eben auch mehr Emotionen.

Diese neuen emotionsgetriebenen Songs – wie etwa „Weißes Kleid“, „Schrei“ oder „Nebengasse“ – offenbaren dabei nicht nur melodischere Töne, sondern auch das Gesangspotenzial des Rappers – und die weiterhin andauernde Weigerung, sich in bestimmte Schubladen stecken zu lassen. Rapper oder Sänger? Beides. Hart oder soft? Schließt sich gegenseitig nicht aus. Auch der Teufel weint eben. Und wenn er nicht gerade das Tanzbein schwingt oder Sport macht, dann rennt er noch heute durch den Abspann des neuen Musikvideos, bis seine Vergangenheit ihn einholt – oder aber ein neues Kapitel vor der Tür steht.

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