Ludwigshafen. Sie war ein Heidenspaß im wahrsten Sinn des Wortes, diese fünfte Kunstweltmeisterschaft in Ludwigshafen. Denn nichts war ihr heilig: weder hehre Kunstansprüche noch etwaige Grenzen des vermeintlich guten Geschmacks, Konventionen aller Art schon gar nicht, und auch nicht die ehrwürdigen Hallen des Wilhelm-Hack-Museums, das dieses Spektakel zusammen mit der Künstler- und Performancegruppe Buero für angewandten Realismus präsentierte.
Dessen Mitglied Johny Mateo hatte vor 22 Jahren die Idee zu dem Event. Es spricht für seine Demut vor der Kultur, dass er an diesem Abend mehrfach den Wischmop schwang, um das Gefechtsfeld von den Spuren der Zweikämpfe zu säubern.
Denn laut Statut sind bei dieser WM „alle Formen der Kunst“ erlaubt. Mitunter kommt es so zu regelrechten Materialschlachten, bei dem schon mal Holzdielen, Hammer, Pumpguns und Schmierseife zum Einsatz kommen. In einem Boxring traten fünf Teilnehmende gegeneinander an: Rhea Lippenstift, Grafikerin und amtierende Titelträgerin aus der Schweiz, die brasilianische Performance-Künstlerin Valeria da Lima, Lokalmatador Helmut van der Buchholz, Architekt, Maler, Aktivist, der Mannheimer Performance-Künstler Wolfgang Sautermeister und Uli Thiel, Grafiker aus Ludwigshafen.
Direktor des Wilhelm-Hack-Museums Ludwigshafen in der Jury
Drei Stunden lang rangelten sie heftig miteinander. Farbe spritzte, Luftballons zerplatzten, Kartons flogen durch die Luft, Plastikeimer barsten. Kleister und Styroporkugeln wurden verschüttet, Pinsel und Bürsten als Waffen eingesetzt. Es kam zu wildem Kuhglockengeläut, kriegstanzähnlichen Darbietungen und verbissenen Infights. Zwei Ringrichter sorgten dafür, dass die - erlaubten - Störmanöver, um das Gegenüber am kreativen Tun zu hindern, nicht ausarteten.
Ein harter Job für die Jury, Barbara Auer, frühere Leiterin des Ludwigshafener Kunstvereins, der Mannheimer Maler und Musiker Hötsch Höhle und René Zechlin, Direktor und Hausherr des Wilhelm-Hack-Museums, entschieden per Punktvergabe über Sieg und Niederlage. Unbeeinflusst von den Anfeuerungsrufen des begeistert mitgehenden Publikums, das seine Idole lautstark unterstützte und für authentische Boxring-Atmosphäre sorgte.
Helmut van der Buchholz gewinnt Kunstweltmeisterschaft
Heimlicher Held des Abends war Moderator Daniel Grieshaber, der mit Witz, Spontaneität und Eloquenz die Kämpfe kommentierte. Er erkannte „kontemplative Momente“, wenn den Kombattanten mal die Luft ausging, oder „dystopisches Geschehen“, als sich der Ring mit schwarzer Farbe verdunkelte. Am Ende siegte nach spektakulärem Drei-Runden-Kampf Helmut van der Buchholz über Rhea Lippenstift.
Kompetentes Lob gab es von René Zechlin: „Das war einer der spannendsten Abende seit langem,“, schwärmte er im Gespräch mit dieser Redaktion. „Man muss ja auch über sich selbst lachen können.“ Tatsächlich hatten alle im Publikum drei Stunden lang ein Lächeln ins Gesicht.
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