Mitreißende Gitarrenriffs, wummernde Elektroelemente und eine Stimme, die das Publikum beim Hören sanft in einen sicheren Kokon einhüllt: Würde man beim Konzert von Lin die Augen schließen, hätte man den Eindruck, eine komplette Band stünde auf der Bühne. Doch der Schein trügt: Lin packt das Programm komplett allein und kreiert damit einen einzigartigen Sound. Zum Einsatz kommt eine Vielzahl von Instrumenten wie Gitarre und Bass sowie Synthesizer und ein Drumpad. Beim Auftritt auf der Sommerbühne der Alten Feuerwache hat Lin am Sonntag die rund 400 Zuhörerinnen und Zuhörer mit Originalität, eingängigen Melodien und tiefgründigen Texte erobert.
Das Konzert startet rund 30 Minuten später. Doch das Publikum bleibt entspannt. „Ich bin das erste Mal in Mannheim“, gesteht Lin, bevor der erste Song, das temperamentvolle „Queer Lover“, erklingt. Darin fordert das lyrische Ich neue Normen und damit mehr Akzeptanz. Lin stammt aus Berlin und bringt das künstlerische Flair mit einer guten Dosis Engagement auf die Bühne. Denn Lin sorgt mit souveränen und tanzbaren Elektropop-Indie-Klängen nicht nur für ausgelassene Stimmung, sondern möchte mit der Musik auch auf Missstände aufmerksam machen, sensibilisieren und natürlich aufrütteln.
Dabei erzählt Lin etwa vom CSD in Bautzen, der von Rechtsradikalen gestört wurde, appelliert an die Menge, an den kommenden CSD-Demonstrationen teilzunehmen - und positioniert sich damit auch als politisch aktiv. „Habt Ihr Lust auf ein bisschen queeres Empowerment?“, möchte Lin wissen. Die Gäste jubeln zustimmend. Überhaupt beschäftigt sich die queere Person sehr stark mit politischen Themen, setzt sich für die LGBTQIA+-Szene ein und scheut sich auch nicht, heiße Eisen anzupacken, etwa Depressionen. Das ruhigere Stück „Million Reasons“ hat Lin für einen Freund geschrieben. Das chillige „Call Me What You Want“ bringt sommerliches Lounge-Feeling auf das mit Lampions geschmückte Außengelände.
Von heißen Eisen zum Berghain-Feeling
Lin singt unter anderem auch über die feministische Revolution im Iran und erklärt, dass es nicht nur erlaubt, sondern fast schon notwendig sei, zu dem Song zu tanzen. Denn Tanzen sei im Iran praktisch schon Revolution, betont Lin. Mit dem mitreißenden Song „Doubts“ beschäftigt sich Lin mit Zweifeln, etwa wenn man im Leben ein neues Kapitel aufschlägt und nicht weiß, ob es gelingt. Mit „Fight Girl“ will Lin dem jüngeren Selbst Mut zusprechen. Die wunderschöne Midtempo-Nummer „Colours“ handelt davon, wie wichtig es ist, sich selbst mit vielen bunten Facetten zu präsentieren.
Nach tosendem Applaus kehrt Lin für zwei Zugaben wieder zurück vors Publikum. Dabei präsentiert Lin unter anderem mit der Techno-Hymne „Seven Sisters“ ein besonderes Highlight. Das Lied, das auf der griechischen Mythologie basiert, bringt zum Abschluss willkommene „Berghain“-Atmosphäre nach Mannheim.
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