Neu im Kino - Tony Leondis lässt in "Emoj - der Film" Bildschriftzeichen der Handy-Generation lebendig werden, leider mit lausigem Ergebnis

Langweilige Reise durch Smartphonewelten

Von 
Martin Schwickert
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Kunterbunte Kunstwelt: Die Helden des Trickfilms "Emoji" sind zwar farbenfroh, aber ziemlich fade.

© Sony Pictures Releasing GmbH

"Was soll ich nur zurückschreiben?" fragt Alex, als die angebetete Mitschülerin ihm eine Nachricht schickt. "Nichts. Wörter sind uncool", rät ein Freund gelangweilt aus der hinteren Reihe. Ja, ja, so ist sie, die Jugend. Keinen Respekt mehr vor dem Text. Zumindest in den beschränkten Vorstellungswelten der Drehbuchautoren von "Emoji - der Film", die sich mit solch dialogischer Flachware bei der juvenilen Zielgruppe einschmeicheln wollen.

Der Film lädt auf eine Reise in jenes Objekt der Begierde ein, das unseren Alltag wie kein anderes bestimmt: das Smartphone. Hemmungslos bedient sich Regisseur und Co-Drehbuchautor Tony Leondis hier bei dem Pixar-Film "Alles steht Kopf", der eine kongeniale Abenteuerfahrt durch das Gehirn und die Gemütszustände einer Zwölfjährigen unternommen hatte.

Aber so ein Gehirn ist eben doch ein kleines bisschen interessanter als das Innenleben eines mobilen Endgerätes. Im Zentrum der etwas dünnen Handlung" steht Gene, ein sogenannter Meh-Emoji, der mit halb heruntergezogenem Mundwinkel indifferente Ablehnungsgefühle zum Ausdruck bringen soll. Aber während der Finger des Teenagers Alex auf der Suche nach dem richtigen Zeichen über dem Touchscreen kreist, schafft es Gene nicht, sein Gesicht stillzuhalten. Von der ewig lächelnden Chefin Smiler wird er deshalb als Fehlfunktion eingestuft und soll von finsteren Anti-Viren-Bots gelöscht werden.

Fortan ist Gene auf der Flucht und versucht gemeinsam mit dem gut gelaunten Hi-5 und der Hackerin Jailbreak aus dem Handy heraus in die Cloud zu entkommen. Aber während das Trio von App zu App hoppelt, beschleicht einen zunehmend das Gefühl, dass deren Betreiber selbst am Drehbuch mitschreiben durften. In "Just Dance" wird der Tanz zur abenteuerlichen Verfolgungsjagd, auf den Musikströmen von Spotify surfen die Freunde durchs digitale Wunderland, im Instagram-Account werden Familienerinnerungen wach.

Und natürlich ist die Dropbox ein sicherer Hafen vor feindlicher Maleware, und wenn alle Stricke reißen, kommt ein "Twitter"-Vogel zur Rettung herbeigeflogen. Dagegen ist "James Bond" in Sachen Schleichwerbung ein echter Waisenknabe.

Lieblose Gestaltung

Wenn ein Kinderfilm von seinem Publikum erwartet, dass es der Wiedererkennung von Firmenlogos zujubelt, ist der kulturelle Verfall in der Tat schon weit fortgeschritten. Zur lausigen Geschichte, den zahllosen Plagiatsszenen und vielen langweiligen Charakteren gesellt sich noch eine banale Botschaft ("Auch Emojis haben mehr als ein Gefühl!") und nicht zuletzt auch eine lieblose visuelle Gestaltung, die mit den Trickfilm-Konkurrenzprodukten aus den Pixar Animation Studios in keinster Weise mithalten kann.

Korrespondent

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