Heidelberg - 25 Galerien, Museen und Kulturhäuser präsentieren Konzerte, ein Kreuzkunsträtsel und Ausstellungen

Kultur unter dem Sternenzelt

Von 
Dan Eckert
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Nein, Sterne waren keine über Heidelberg zu sehen, und auch der Mond hielt sich hinter Wolken bedeckt. Fast schon ein bisschen ärgerlich. Schließlich hatte sich das Kurpfälzische Museum zur Langen Nacht der Museen dem Motto "Sternstunden und Klangwelten" verschrieben und jungen Besuchern die Möglichkeit gegeben, römische Mondkalender und drehbare Sternenkarten zu bauen, die zumindest für die nächsten 200 Jahre Genauigkeit versprachen.

Universum für alle

Es ist anzunehmen, dass sich mangels klaren Himmels die meisten der Kinder zur akkuraten Datumsbestimmung und Navigation dann doch ihrer Eltern bedienten. Wer sich trotzdem Sorgen machte, in Sachen astronomischer Kompetenz von seinen Schützlingen abgehängt zu werden, konnte sich im Großen Salon auf den neuesten Stand bringen lassen. Joachim Wambsganß vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg und DAI-Direktor Jakob Köllhofer brachten hier Zuhörern unter dem Titel "Universum für alle" die Weiten des Weltalls näher.

Die im Motto angekündigten Klangwelten füllte das Heidelberger Ensemble Kephalo mit atmosphärischen Kompositionen. Mit seiner in ihrer Ruhe fast hypnotischen Gitarrenmusik machte das Brudertrio einen starken Eindruck. Ähnlich "Anderweltliches" hallte durchs Gewölbe der Jesuitenkirche, wo Ute Kreidler Klangvisionen von Hildegard von Bingen gesanglich interpretierte und Raum zum Verweilen und Nachdenken schuf.

In Verbindung mit der hinter ihr wie ein Fremdkörper im Kirchenschiff hängenden Deckeninstallation mit dem Titel "Verschwebendes Schweigen" sorgte ihre von sanften Klängen begleitete Stimme für einen Ruhepol in einer Nacht, die viel zu bieten hatte, aber auch einiges vermissen ließ: Ehemals beliebte Publikumsmagneten wie das Schloss, die Print Media Academy oder das Völkerkundemuseum waren in diesem Jahr nicht mit von der Partie, und bei den kleineren Galerien gab es im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls einige Lücken.

Dafür präsentierte das Programm in diesem Jahr auch einige Neuheiten. Zum ersten Mal dabei waren die aufwendig sanierte Alte Weinfabrik und der Nebelsche Pavillon in der Semmelgasse, der einst Gegenstand von Abrissdiskussionen war und nun der mexikanischen Künstlerin Gabriela Pavón de Naumann als Atelier dient. In Neuenheim öffnete das Centro Italiano Monna Lisa erstmals seine Pforten und zeigte verfremdete Fotografien des Künstlerduos Cy Dee, das mit Lochbild- und Kurbelkameras experimentiert und die Bilder anschließend malerisch zu kontrastreichen Stimmungsaufnahmen verfremdet. Ebenfalls neu war die Orgelnacht, die nicht wenige in die Neue Aula der Universität lockte.

Doch auch bei den altbekannten Teilnehmern der Museumsnacht war einiges geboten. Mit der Erfahrbarkeit von Kunst anhand der menschlichen Sinneswahrnehmung beschäftigte sich das "Kreuzkunsträtsel" im Heidelberger Kunstverein. Dabei dienten Werke der Ausstellung "Right Brain Problems" von Stuart Sherman und fünf weiteren Künstlern als Rätselgegenstände. Besucher wurden in Dreiergruppen jeweils einem ihrer Sinne beraubt und mussten - blind, taub und stumm - ausgestellte Kunstwerke gemeinsam entschlüsseln. Wie viel etwa versteht man von einer Videoinstallation, die man entweder nur hören oder nur sehen kann?

Ebenfalls um die unterschiedliche Wahrnehmung einer Sache ging es bei der Ausstellung "Rotkäppchen" im Heidelberger Forum für Kunst, die künstlerische Arbeiten von Hunderten von Schülern verschiedener Altersklassen zu dem allseits bekannten Märchen der Gebrüder Grimm zeigte und dabei herrlich erfrischend und fantasievoll war.

Weite Fußwege

Von ganz klassischen Interpretationen bis hin zur vollkommenen Verfremdung wie etwa der Assoziation mit dem Papst unter dem Motto "Rote Kappe! Schwere Last" bekam man hier alles zu sehen. Wirklich unterhaltsam - zumal der durchschnittliche Besucher der Museumsnacht am Ende einen ähnlich weiten Fußweg hinter sich hat wie das rotbemützte Märchenkind. Nur, dass am Ende kein hungriger Wolf wartet. Zum Glück.

Freier Autor

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