Pop - Andreas Gabalier bringt 10 000 Zuhörer in der Mannheimer SAP Arena zum Feiern

König Andreas und die Seinen

Von 
Markus Mertens
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Von Leidenschaft getrieben zeigte sich Andreas Gabalier bei seinem Auftritt in Mannheim. © Markus Mertens

Diese 140 Minuten in der Mannheimer SAP Arena sind eine wahrhafte Selbstkrönung. Die Szenerie, so erwartbar wie wirkungsstark: Andreas Gabalier und seine Anhänger – eine verschworene Einheit zwischen Karohemden, Sonnenbrillen und feschen Dirndln, gemacht, um Ekstase in ihrer ungetrübten Reinform zu zelebrieren.

Da steht er nun vor den 10 000 Fans in dicht gedrängten Reihen, erhebt sein Geweih-Zepter samt Mikrofon, stößt es knieend in die Mitte des Laufstegs – und macht sich mit praller Geste ganz und gar zum Herrscher dieses Augenblicks. König Andreas und die Seinen, eine Koalition der Willigen mit absoluter Stimmungsmehrheit.

Ohne Zweifel: Um so weit zu kommen, musste Gabalier vor fast einem Jahrzehnt das Kunststück vollbringen, in eine Lücke vorzustoßen, die musikalisch weitgehend unbearbeitetes Feld war. Zwischen Volksmusik und Rock’n’Roll herrschte bis auf Spezialisten-Truppen wie die „Baseballs“ Brachland – die Verzahnung zum „Volks-Rock’n’Roll“ lag quasi ohne Tormann auf dem Elfmeterpunkt, Gabalier musste nur noch verwandeln.

Und das tat er. Aus dem braven Jungen mit steirischen Wurzeln, der 2008 sein Jurastudium begonnen hatte, wurde durch die Teilnahme beim „Grand Prix der Volksmusik“ fast über Nacht der Senkrechtstarter eines neuen Genres, mit dem der damals 24-Jährige einen Nerv getroffen hatte. Denn zum einen verfügten seine Songs über ein klares Bekenntnis zur Heimat mit universellem Charakter – zum anderen füllte Gabalier dieses Versprechen mit Authentizität, Charisma und Feinsinn.

Band liefert scharfe Soli

Der unverfälschte Dialekt, der sich auch in Mannheim voll entfaltet („Mir rinnts Wasser de Orsch nunna“), ist ein kleines Indiz für diese Konstanz, Gabaliers zeitloses Erscheinungsbild in Lederhosen, pomadigen Haaren und dem kultigen Stofftuch um die muskulösen Arme ein ganz anderes Zeichen visueller Zuverlässigkeit. Nicht umsonst misst sich der Bu aus Graz schon in seinem Intro mit niemand Geringerem als Showlegenden wie Elvis, den „Beatles“ oder Michael Jackson: Die Ansprüche sind klar artikuliert. Und so sehr das riesige LED-Auge in der Bühnenmitte bisweilen als Guckloch in eine entrückte Vergangenheit zu weisen scheint: Rein dramaturgisch kann sich Gabalier mit seinem effektvollen Abend durchaus mit den Darbietungen der ganz Großen messen.

Das hat er nicht zuletzt seiner achtköpfigen Band zu verdanken, die sich auf messerscharfe Soli versteht, die Gabaliers Nummern stilvoll kolorieren. Zudem profitiert der Österreicher vom Privileg, als Pionier seiner eigenen Zunft mit den Inhalten der vergangenen Platten konkurrenzlose Vorgaben zu machen. Mit anderen Worten: Was Gabalier als „Volks-Rock’n’Roll“ über die Jahre hinweg so behutsam wie clever kultivierte, präsentiert sich längst als unerreichbare Marke. Wie hoch deren Wert gestiegen ist, zeigte nicht nur das ausverkaufte Open Air auf dem Hockenheimring vor stolzen 100 000 Anhängern im vergangenen Jahr – auch ein Zehntel dieser Masse facht in Mannheim ein Stimmungsfeuer an, das sich in der Arena kontinuierlich zur frenetisch-huldigungsvollen Gaudi entwickelt.

Dabei lässt Gabalier die Stimmung nie überkochen, balanciert Stimmungshits wie „I sing a Liad für di“ stets elegant mit folkloristischer Idylle („Dahoam“) aus und schreitet durch aktuelle Nummern wie „Halli Hallo“ konsequent weiter fort. Letzere darf man indes als durchaus zweischneidiges Schwert betrachten. Denn auf der einen Seite vergisst Gabalier mit zahlreichen Worten des Dankes nicht, wer ihn in einem Jahrzehnt zu einem ganz Großen gemacht hat – auf der anderen ist der Blinker zur feindlichen Übernahme der Schlagermonopolisten längst gesetzt.

Noch verbreitet Gabaliers Mixtur aus gefeierten Schelmereien („Hulapalu“), vollakustischen Nummern („Horizont“) und politischem Engagement („Meinung haben“) die endlos gepriesene Harmonie, allein: König Andreas hält das Zepter zum nächsten Streich bereit.

Erfolg kam während des Studiums

  • Andreas Gabalier wurde am 21. November 1984 auf einer Autofahrt in Friesach (Kärnten) geboren, wuchs aber im steirischen Graz auf
  • Dort nahm er 2008 sein Jurastudium auf, das er nach dem Erfolg beim Grand Prix der Volksmusik und dem Platin-Erfolg seines ersten Albums „Da komm‘ ich her“ auf Eis legte
  • Mit dem Erfolg der zweiten Platte „Herzwerk“ hielt er sich 82 Wochen in den Top Ten und blieb damit nur hinter Helene Fischers „Farbenspiel“ zurück
  • Fernsehauftritte bei Carmen Nebel (2011) und der Vox-Show „Sing meinen Song – das Tauschkonzert“ (2014) sorgten rasch auch für den Erfolg in Deutschland
  • Allein in seiner Heimat Österreich erhielt Gabalier drei Gold- und 31 Platin-Auszeichnungen und verkaufte mehr als zwei Millionen Tonträger
  • Nach dem ausverkauften Open Air am Hockenheimring und der ausgebuchten Hallentournee feiert der 33-Jährige im kommenden Sommer erstmals mit einer Stadientournee zehnjähriges Bühnenjubiläum.
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Andreas Gabalier liefert in der SAP-Arena eine tolle Show

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