Tanz - Das Stuttgarter Ballett eröffnet seine Spielzeit unter neuer Intendanz ganz puristisch mit drei Facetten der klassischen Tradition

Kniefall vor den Ursprüngen

Von 
Monika Köhler
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Spitzenleistung: „Shades of White, Königreich der Schatten“. © Stuttgarter Ballett

Dass die erste Spielzeit unter dem neuen Leiter des Stuttgarter Balletts spektakulär beginnen würde, war nicht zu erwarten. Schreibt doch Tamas Detrich, der Reid Anderson nach 22 Jahren auf den Chefsessel folgt, seit 40 Jahren selbst an der Erfolgsgeschichte der Compagnie mit – als Tänzer, Ballettmeister und stellvertretender Intendant.

Speziell ist der Ballettabend, der im Opernhaus Premiere feierte, dennoch: Für seinen persönlichen Auftakt „Shades of White“ besinnt sich Detrich auf die Ursprünge, die auch in Stuttgart beim klassischen Ballett im weißen Tutu liegen. „Das Königreich der Schatten“ aus dem Ballett „La Bayadère“ ist der glanzvolle Höhepunkt des Abends.

Die bei der Stuttgarter Erstaufführung anwesende Choreografin Natalja Makarova, die Detrich mit einem Kniefall ehren wird, hat aus der tragischen Liebesgeschichte ein poetisches Meisterwerk nach Marius Petipa geschaffen. Feengleich tanzen sich 24 Ballerinen im romantischen Bühnenbild als indische Tempeltänzerin Nikija mit identischen Bewegungen in die Opiumträume Solors. Eine synchron schreitende und atmende Ganzheit, aus der zur Musik von Ludwig Minkus bezaubernde Soli ausbrechen, jedes begeisternd mit individuellem Anspruch.

Schwerelos und dynamisch

Die Pas de Deux’ (Duette) von Elisa Badenes und Adhonay Soares da Silva sind mit exzellenten Pirouetten und schwerelosen Hebungen so atemberaubend wie da Silvas dynamische gestreckte Sprünge. In John Crankos „Konzert für Flöte und Harfe“ zu Mozarts Musik umgarnen zwölf weiße Tänzer zwei Ballerinen. Mit leider nicht immer einwandfreien Figuren, aber subtiler Kunstfertigkeit bilden sie das Pendant zum feinfühligen Staatsorchester mit ausgezeichneten Soli unter James Tuggle. Zu Bizets mitreißenden Klängen wird die Bühne in George Balanchines neoklassischer „Sinfonie in C“ zum Festsaal. Die von Pas de Deux’ bestimmten vier Sätze faszinieren mit streng symmetrischer Ausrichtung des Ballettensembles und purem, auf den Körper bezogenem Stil, der mit elegant-ästhetischen Figuren die Hommage ans klassische Ballett wiederholt.

Freie Autorin

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