"Satiriker sind keine Lyriker und ohne Kompromiss", singt Tim Fischer gleich zu Beginn des Abends. Entsprechend bissig präsentiert sich sein Kabarettprogramm, das ihm Gerhard Woyda auf den Leib geschrieben hat, der Mann, der den Sänger einst zu Beginn seiner Karriere an das Renitenztheater in Stuttgart holte.
Das Resultat kommt sehr direkt daher, macht wenig Umschweife - nur stellenweise scheint es sich in allzu schöne Formulierungen zu verrennen. Viel wird in Richtung Politik geschnappt, oft auch Menschliches auf die Schippe genommen, zum Beispiel eine Romanze zwischen Seniorin und Jugendlichem, die von herrlich schmalzigen Liebesplattitüden eingerahmt wird.
Chansons mit Härte
Es gibt aber auch Stellen, da wagt sich Fischer aus der Rolle des überheblich Belächelnden hinaus. Dann wirkt der sonst so fidele Chansonnier ganz ernst, beinahe hart. "Wenn Vater angetrunken in mein Zimmer kam, blieb mein Herz vor Kälte stehen", singt er in "Kinderstrich" und stellt unter sanften Klavierklängen das bleischwere Thema Missbrauch in den Raum.
Fast erleichtert scheint das Publikum, wenn es bei anderen Nummern umso mehr lachen darf - auch über Bleischweres wie etwa die Menschenrechtsverletzungen in Guantanamo, die mit heiteren Latino-Rhythmen besungen werden. Durchweg überzeugend ist die Vertonung der Texte, die zum Großteil von Rainer Bielfeldt am Flügel begleitet werden. Nur einige Male werden die Plätze getauscht. Gerhard Woyda selbst sitzt dann vor den Tasten und bietet seine Musik dar, ein Melodiengeflecht mit Jazz-Anklängen, bisweilen gar Atonalem, stets in Harmonie mit Tim Fischers Stimme. Der erhält am Ende neben begeistertem Beifall einen Blumenstrauß. "Ich hasse Blumen", heißt die fast naturgemäß freche Antwort. Gesungen, versteht sich.
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