Das Interview

Katrin Bauerfeind: „Sollten mehr aufs Herz hören“

Von 
Simone Sohl
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Umgeben von Glitter: Katrin Bauerfeind. Die Autorin des Buches „Alles kann, Liebe muss“ wird ihr aktuelles Programm im Capitol präsentieren. © Marcus Höhn

Man kennt sie als schnoddrig-schlaue Fernsehfrau, als diejenige, die lauthals Witze über Freunde macht, die im Mails im Namen ihrer neugeborenen Babys verschicken – und Witze über sich selbst. All das ist Katrin Bauerfeind immer noch – aber dazwischen zeigt sie auch ihre gefühlsbetonte Seite. Im Interview zu ihrem neuen Buch und Live-Programm zum Thema Liebe erklärt die 35-Jährige, warum das so ist.

Frau Bauerfeind, Sie haben ein Buch über die Liebe geschrieben – weil Sie finden, dass wir alle mehr davon brauchen. Was meinen Sie damit?

Katrin Bauerfeind: Da draußen ist gerade relativ viel Hass unterwegs. Hass ist ganz einfach, während Liebe Arbeit macht. Hass gilt als sehr ernst und Liebe als kitschig. Ich hab’ mir gedacht, dass wir dem was entgegensetzen müssen. Wir können die Liebe nicht dem Schlager, dem Zynismus und der Werbung überlassen, und deshalb holen wir sie uns jetzt zurück.

Es gab da ja so eine Art Erweckungsmoment, der mit einem Zettel an Ihrer Windschutzscheibe zu tun hat…

Bauerfeind: Ich wollte schnell etwas bei einer Freundin abholen und habe so semi-legal auf dem Bürgersteig geparkt. Ich war nur drei Minuten weg – hatte dann aber einen Zettel an der Windschutzscheibe hängen: ,Sie parken faktisch vor einer Einfahrt. Beim nächsten Mal: Spiegel ab! Arschloch!’

Sie waren dann kurz davor, diesen Hass weiterzugeben.

Bauerfeind: Ich hab’ mich schnell reingesteigert, ja. Wer um Gottes Willen schreibt denn ,faktisch’ in so eine Nachricht? Und wie kommt jemand von ,faktisch’ auf ,Arschloch’? So kommt der Hass in die Welt! Deswegen dachte ich, was mit Hass funktioniert, klappt ja vielleicht auch andersrum. Wir sollten Zettel dabei haben, auf denen steht ‚Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Und Liebe’. Vielleicht retten wir so nicht die Welt, aber für die Stimmung für ein paar Stunden – und vielleicht macht das am Ende den Unterschied.

Ihre Geschichten sind ja oft mit viel Witz und Ironie gespickt. Jetzt sprechen Sie über die Bedeutung von Liebe und Nächstenliebe und meinen das völlig ernst. Hat Katrin Bauerfeind da eine andere Seite an sich entdeckt?

Bauerfeind (lacht): Ich hab’ ja ein Faible für Themen, die ein bisschen schwierig sind. Außerdem bin ich ein Fan von lustigen Geschichten, und da hat die Liebe viel zu bieten. Aber dazwischen muss es auch wahrhaftige Momente geben. Ich versuche auf jeden Fall, die Leute zu erreichen und sie bestenfalls zu berühren.

Ich würde gern auch mit Ihnen über die #Me-too-Debatte sprechen. Glauben Sie, dass sich durch das veränderte Bewusstsein für das Verhalten von Männern gegenüber Frauen auch private Beziehungen verändern?

Bauerfeind: Zunächst einmal finde ich, dass die Debatte wichtig und es gut ist, dass unter diesem Hashtag einmal alles gesammelt wird, worum es geht. Von Alltagssexismus bis hin zu Straftaten, die angezeigt werden müssen. Das zeigt die Bandbreite um die es geht. Was es auf lange Sicht im Privaten verändern wird, kann ich nicht sagen. Nach allem, was man liest, sind wir ja ganz schnell wieder in den 50ern, wenn zum Beispiel Kinder dazukommen. Am Ende ist das eine gesellschaftliche aber auch eine politische Frage: Welche Möglichkeiten bekommen Frauen, um Job und Familie zu vereinbaren? Aber Veränderungen brauchen Zeit.

Gerade im Showbusiness sind viele Sexismus-Vorwürfe aufgekommen. Was denken Sie, woran das liegt?

Bauerfeind: Das Showbusiness wird da immer so herausgehoben, aber Alltagssexismus gibt es überall. Und am Ende sind es Machtstrukturen, die dazu führen, dass sich Möglichkeiten bieten, die genutzt werden.

Zur Veröffentlichung Ihres Buches ging ein Zitat von Ihnen durch die Presse, in dem Sie sinngemäß sagten, dass Sie nicht für die Ehe gemacht seien, weil die romantische Liebe etwas Temporäres ist. Wie haben Sie das gemeint?

Bauerfeind: Das hab’ ich so nicht gesagt. Ich habe aber festgestellt, dass Liebe etwas total Individuelles ist, und da draußen aber eben immer noch dieses Ideal herumschwirrt von dem einen Deckel, der auf den Topf passt. Es gibt auch Menschen, für die das so funktioniert. Es gibt aber auch viele, die mit zehn Menschen zusammen und auch froh sind. Andere finden Alleinsein ganz gut. Ich finde wichtig, dass die Leute mehr auf ihr Herz hören als sich mit vermeintlichen Idealen zu beschäftigen.

Können Sie Ihre Freundinnen denn verstehen, die mit Langweilern zusammenbleiben, weil sie mit Mitte 30 halt mal eine Familie wollen?

Bauerfeind: Ach, ich bilde mir da kein Urteil. Ich stelle nur fest, dass man mit 20 noch über seine Beziehung lästern konnte, weil einen das auch irgendwie entlastet hat. Heute macht das aber niemand mehr, weil es ja immer auch gegen das eigene Leben geht und man nicht mehr denkt, gut, dann zieh’ ich eben morgen aus und fang’ ein neues Leben an.

Ist das aber vielleicht gerade die Einstellung einer ganzen Generation, die immer mehr will vom Leben?

Bauerfeind: Jede zweite Ehe geht in die Brüche. Wenn Flugzeuge eine ähnliche Quote hätten, würde niemand mehr fliegen, selbst wenn der Flieger auf die Malediven ginge. Bei der Liebe denken alle, sie seien die Ausnahme. Problematisch finde ich es nur, wenn man immer der Sehnsucht nach etwas Besserem hinterherzuhängen, die nichts mit der Realität zu tun hat. Das kann ja auch niemand wollen.

Katrin Bauerfeind

  • Die am 21. Juli 1982 in Aalen geborene Katrin Bauerfeind ist Journalistin, Moderatorin, Schauspielerin und Buchautorin.
  • Bereits während ihres Technikjournalismus-Studiums moderierte sie mit „Ehrensenf“ das erste deutsche Internetfernsehen. Anschließend war sie zwei Jahre lang Teammitglied bei Harald Schmidts Show bei der ARD.
  • Passend zu ihrem dritten Buch „Alles kann, Liebe muss“ (S. Fischer) kommt sie mit ihrem Programm „Liebe: Die Tour zum Gefühl“ am Donnerstag, 26. April, 20 Uhr ins Capitol (Karten ab 27,65 Euro). 

 

Freie Autorin Freie Journalistin und Fotografin

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