Es ist ein Schock: Vollkommen unerwartet verbreitet sich am 28. September die Nachricht von Joy Flemings Tod. Wie ihr Bruder Otto M. Raad dieser Zeitung sagt, habe ihr Lebensgefährte und Gitarrist Bruno Masselon die Mannheimer Gesangsikone am Vorabend in ihrem Wohnzimmer in Sinsheim-Hilsbach tot aufgefunden. Wiederbelebungsversuche scheitern. Die genaue Todesursache wird nicht untersucht.
Die Musikwelt verliert die vielleicht größte Stimme der deutschen Blues-, Soul- und Rockszene – aber vor allem einen herzensguten, stets bodenständigen Menschen. Das wird auch bei der familiären Trauerfeier auf dem kleinen Friedhof in Hilsbach deutlich. Dort nennt Redner Lars Leifeld die vierfache Mutter eine „Brückenbauerin zwischen Herzen“. Damit charakterisiert er Joy Fleming nicht nur treffend, sondern bringt auch die zentralen Songs ihrer Karriere mit ins Spiel: die Mannheimer-Hymne „Neckarbrückenblues“ aus dem Jahr 1972 und den Powerschlager „Ein Lied kann eine Brücke sein“. Mit Letzterem nimmt die in Rockenhausen geborene Ur-Mannheimerin 1975 am Eurovision Song Contest (ESC) in Stockholm teil, wo sie trotz gewohnt erstklassiger Interpretation 17. wird.
Wie groß die Identifikation der Kurpfälzer mit der Trägerin des Bloomaulordens von 1976 ist, zeigt die enorme Welle der Anteilnahme nach ihrem Tod. Auch die vom Edinger Gerd Ehwald formulierte Idee, die Kurpfalz- in Joy-Fleming-Brücke umzubenennen, stößt auf viel Resonanz. Bei einer Online-Umfrage im Morgenweb votieren 66 Prozent von fast 6000 Teilnehmern dafür. Die Reaktionen aus Stadtverwaltung und Kommunalpolitik sind allerdings zurückhaltend. Die SPD plädiert für eine Straße oder einen Joy-Fleming-Platz. Eine geplante Online-Petition der Familie Ehwald steht noch aus – „aus Rücksicht auf die noch zu frische Trauer der Familie“.
Dafür nimmt Joy Flemings Neffe Fabian Raad-McAndrew den Staffelstab auf und peilt die Teilnahme am deutschen ESC-Vorentscheid an. Wie er jetzt auf Anfrage mitteilt, gehöre er aber nicht zu den sechs Kandidaten des Norddeutschen Rundfunks für „Unser Lied für Lissabon“ am 22. Februar. jpk
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