Das Interview - Panda-Rapper Cro über den Stilwandel auf seinem neuen Album "tru", das am Freitag erscheint

"Jeder hat seinen persönlichen Gott"

Von 
Steffen Rüth
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Carlo Waibel alias Cro wird in der Öffentlichkeit ohne seine Panda-Maske häufig immer noch nicht erkannt.

© Kakavand

Sämtliche Gerüchte über die Erwachsenwerdung des Carlo Waibel alias Cro sind maßlos übertrieben. Der Junge, der inzwischen 27 Jahre alt ist, kommt eine Stunde verspätet zum verabredeten Interview, guckt dann verschlafen aus der Wäsche und braucht eine Weile, seine Kippen und einen extragroßen Kaffee, bis das Gehirn klare Aussagen an den Mund sendet. Aber die Musik, die ist wirklich klar reifer geworden. Der verpeilt-freundliche Teenie-Star mit der possierlichen Panda-Maske, der mit vielen Hitsingles und seinen Alben "Raop" (2012), "Melodie" (2014) und "MTV Unplugged (2015) zum Konsens-Hip-Hopper wurde, macht sich auf seinem neuen Album: Gedanken. Über das Leben, über die Mädchen, über sich, über sein Vermächtnis. Auch der Sound ist den Kinderschuhen entwachsen. Cro bedient sich recht gewieft in Genres wie Soul, Gospel und Dancehall, mit Wyclef Jean (im Ragga-Song "Todas") ist sogar ein Weltstar dabei.

Cro, im Stück "Baum" rappen Sie, dass Sie genug hätten von "random bitches und den Nächten in Berlin". Gerade jetzt machen Sie nicht den Anschein, als wären Sie früh im Bett gewesen.

Cro: Okay, ist sehr spät geworden. Beim Weggehen kommt es immer auf die Häufigkeit an. Ich war auch nicht mit irgendwelchen Zufallsbekanntschaften unterwegs, sondern mit Freunden. War wirklich nett. Und ist dann vielleicht ein wenig ausgeartet. Egal, ich war lange nicht mehr unterwegs gewesen, und wir sind nur einmal jung.

Im Video zu "Baum" treten Sie ohne Maske auf und überfahren den Panda-Cro am Ende. Zeigen Sie als Nächstes Ihr Gesicht?

Cro: Nein, nein. Der Song soll aussagen, dass man bei sich selbst bleiben und nicht unkritisch auf andere hören sollte. Nur du selbst kannst dich stoppen. Und wenn du das alte Ich überfährst, läufst du als neues Ich weiter. Das heißt aber nicht, dass ich ein anderer Mensch bin. Ich bin immer noch derselbe wie immer, nur weiterentwickelt. Cro 2.0 quasi. Ein paar Fehler konnten ausgemerzt werden.

Das Album heißt "tru.", einer der Songs "fake you". Themen wie Wahrheit, Lüge, Realität scheinen Sie sehr zu beschäftigten. Behandeln Sie die Menschen ohne Maske anders als mit?

Cro: Ja, total. Ohne Maske werde ich meistens nicht erkannt. In das Album spielt alles mit rein, "fake, "tru", Maske auf, Maske ab, wie sind die Leute zu mir mit, wie sind sie zu mir ohne Maske, wie lerne ich Mädchen kennen mit Maske und wie ohne.

Mädchen mit Maske kennenzulernen stelle ich mir komisch vor.

Cro: Das geht aber auch! Letzten Sommer war ich mit Maske unterwegs, ein Mädchen lief über die Wiese, ich habe angehalten, sprang aus dem Auto und so: "Eyyyy, warte mal". Sie natürlich: "Hä?". Aber dann kam ein gutes Gespräch heraus.

Hatte sie keine Angst, als so ein Verrückter mit Maske hinter ihr herlief?

Cro: Nööö. Man kennt mich ja.

Wie sind Sie auf den Titel "tru." gekommen? Stand das Konzept von Anfang an?

Cro: Am Anfang stand gar nichts. Ich hatte keine Ahnung, wo es hingehen soll mit dem Album. Ich habe wieder richtig von vorne angefangen. "tru." war das erste Lied, das ich mir für das Album überlegt hatte. Ich hatte mir so eine Fantasiewelt im Stil von "Mad Max" ausgedacht, mit vielen Armen und ein paar Superreichen, da sollte das alles spielen. Doch dann habe ich das komplett verworfen. Ich wollte lieber die Wahrheit erzählen, mein Leben. Die Hochs, die Tiefs, wo ich hingehe, wo ich herkomme, viel Geld haben, wenig Geld haben, das ist viel spannender als irgendeine Story.

Geht es bei all dem auch um den Selbstdarstellungstrieb Ihrer Generation?

Cro: Ja. Alle wollen heutzutage immer schon aussehen und sich selbst so inszenieren, wie sie es von ihren Vorbildern vorgemacht bekommen. "tru." bedeutet: Bleib' bei dir.

Wollen Sie Ihre Fans erziehen?

Cro: Bloß nicht. Ich will den Leuten allerdings ohne Zeigefinger wieder ein bisschen mehr Echtheit nahebringen. Früher war nicht alles besser, aber einiges von damals kann man ruhig beibehalten. Und ein bisschen Fake macht alles schöner, nur zu viel Fake ist Mist.

Sie singen in "Unendlichkeit": "Bitte Gott steh mir bei, dass am Ende dieses Lebens mehr als eine Trophäe bleibt". Glauben Sie überhaupt an Gott?

Cro: Ja, an meinen. Irgendwas wird da sein. Ob der gasförmig, blau oder klein ist, das weiß ich nicht. Der Gott ist das Über-Ich, das mit mir redet. Ich denke, dass jeder seinen persönlichen Gott hat, der sich um einen kümmert.

Und die Auszeichnungen, der Erfolg, das bedeutet nichts?

Cro: Die Trophäen sind der Lohn für die harte Arbeit. Aber sie bestehen nur aus Staub. Das richtige Denkmal sind meine Lieder. Hoffe ich.

Der Mann hinter der Maske

  • Cro wird am 31. Januar 1990 im baden-württembergischen Mutlangen geboren. Sein bürgerlicher Name ist Carlo Waibel.
  • Der deutscher Rapper, Sänger, DJ und Musikproduzent versucht sich auch als Buchautor und Designer.
  • Cro bezeichnet seine Musik als eine Mischung aus Rap- und Pop-Musik, was er mit dem Begriff "Raop" abkürzt.
  • Sein Markenzeichen ist eine Pandamaske, hinter der er sein Gesicht verbirgt. (nina)
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Cro in der SAP Arena

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