Sie brechen den Raum, schaffen neue Dimensionen, geben ihm eine völlig neue Aufteilung von Davor und Dahinter: Geländer aus Stahl, die aus der Wand heraus in das Rauminnere ragen, umschlossen von einer Keramikperle, die sofort ins Auge sticht. Wie der Schmuckstein einer Kette wirkt sie, sorgt gleichermaßen für Verunsicherung wie die stählerne Umleitung, um die sie sich schmiegt.
Doch genau diese Irreführung, diese Uneindeutigkeit von Grenzen und deren oftmals unbewussten Überschreitungen sind der Kern der Arbeiten von Stef Heidhues. Die 1975 in Washington geborene und in Berlin lebende Künstlerin sorgt mit ihrer Ausstellung "Trespassers Only" für spannungsreiche Gegensätze in der Rudolf-Scharpf-Galerie in Ludwigshafen. Wie sich auch der Titel der Ausstellung, auf Deutsch "Nur für Unbefugte", für den Besucher nicht auf den ersten Blick erschließt, so weisen die Werke zunächst dieselbe Sperrigkeit auf. Bietet dieser aus Ton modellierte Helm mit seinem glasierten Innenleben einen Schutz oder stellt er gar eine Bedrohung dar? Kann es sein, dass der darin abwesende Körper einen dennoch irgendwie musternd anstarrt? Es sind Widersprüche, die Bildhauerin Stef Heidhues in ihren Installationen und Plastiken verarbeitet.
Widersprüche, die sich in den von ihr verwendeten Materialien gleichermaßen finden: Helme aus fragiler Keramik treffen auf "Madonna" - eine Arbeit, in der lediglich gebrauchte Fahrradketten über eine Schraube gehängt wurden, noch immer einen dezenten Ölgeruch ausdünstend. Trotz dieser Einfachheit verfehlt das Werk seine Wirkung nicht: Die Ketten stellen würdevoll das Haar der Mutter Jesu dar, die dem Betrachter den Rücken kehrt.
Spielraum in der Interpretation
Diese in der Nische im ersten Obergeschoss angebrachte Arbeit ist das Schlüsselwerk der jungen Künstlerin. Sie lebt allein von der Schwerkraft und dem eisernen Material - von einer gewissen Schlichtheit. In der Interpretation hat der Ausstellungsbesucher Spielraum - von Heidhues bewusst so gewählt. "Der Betrachter bringt ja auch immer etwas mit, seinen eigenen Kontext. Diesen Resonanzraum für die Arbeit kann ich nicht beeinflussen", sagt die Künstlerin. Durch die spärliche Verteilung auf die zwei Etagen des ehemaligen Wohnhauses gewinnen die 13 Ausstellungsstücke an Präsenz. Jedes Werk hat Raum, um sich so vor dem Auge des Betrachters zu entfalten, um sich mit den Gegebenheiten in Kontext zu setzen. Denn wer "Trespassers Only" betritt, erlebt, wie die Grenzen zwischen den Kunstwerken und dem Funktionalen verschwimmen.
Ist dieser von oben in die erste Etage hereinragende schwarze Fächer etwa Teil des Treppengeländers? Nein, dieser Teil der Arbeit "Rocky Spine" verschmilzt lediglich mit seiner Umgebung, reckt seine Holzarme nach allen Seiten aus und bildet so Barrieren, die die Besucher überwinden können - dann, wenn sie über die Schwelle der Galerie treten und erfahren, was es mit "Nur für Unbefugte" auf sich hat.
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