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Interview mit Star-Fotograf Michael Friedel: „Sie wollten alle in den Stern“

Michael Friedel hatte sie alle vor seiner Linse: Elvis Presley, Sophia Loren, Uschi Glas, Romy Schneider. Der preisgekrönte Fotograf stellt derzeit 50 signierte Prints seiner Promi-Fotos in Mannheim aus - in einem Modeatelier. Im Interview erzählt der 88-Jährige über Meilensteine seiner Karriere

Von 
Tanja Capuana
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Sissi-Darstellerin Romy Schneider mit ihrer Mutter Magda in einer Drehpause in Venedig. © Michael Friedel

Michael Friedel gilt als einer der besten Fotografen seiner Zeit, der sich alle fünf Jahre auf neue Themen und Länder konzentriert hat und sich in sechs Sprachen verständigen kann. Derzeit stellt der preisgekrönte 88-Jährige 50 signierte Prints seiner Promi-Fotos im Mannheimer Modeatelier O.P.Q aus. Wir haben mit ihm über die goldenen Zeiten der Fotografie gesprochen.

Herr Friedel, Sie machen keine starren Porträts, sondern lebendige Schnappschüsse. Was war der Grundstein Ihrer langjährigen Laufbahn?

Michael Friedel: 1953, im Urlaub, bin ich nach Italien per Autostopp gefahren und habe dort Street Photography gemacht. Damit habe ich als 19-Jähriger im Jahr 1954 den Photokina-Jugendpreis gewonnen. Bundespräsident Theodor Heuss überreichte mir die Urkunde. Zufällig war da auch Art Direktor Willy Fleckhaus, der später die Zeitschrift „twen“ gemacht hat. Für ihn habe ich dann gearbeitet und sofort viele gut bezahlte Aufträge bekommen.

Sie sind Autodidakt, richtig?

Friedel: Nach dem Gymnasium wollte ich Fotograf werden. In den 50er Jahren gab es in München keine Fotoschulen, nur Kurse für Hochzeitsfotografen. Darum habe ich zwölf Monate lang ein Praktikum im Profilabor Amann in München gemacht. Dort habe ich unter anderem für die internationalen Magnum-Fotografen, die besten dieser Zeit, Filme entwickelt. Ich habe gelernt, wie ein gutes Foto, eine Reportage, aufgebaut ist. Der damals schon weltbekannte Fotograf Henri Cartier-Bresson gab mir außerdem gute Tipps.

Ihr Vater war von ihrer Berufswahl nicht so begeistert.

Friedel: Er war stinksauer, da er wollte, dass ich, wie er, Anwalt werde. Aber später war er stolz.

Das Gros der Fotografen stellt seine Werke nur in Galerien aus. Sie dagegen haben sich als Ausstellungsort von „Sternstunden“ für die renommierte Mannheimer Couture-Manufaktur Regine Maier O. P. Q entschieden, wo man bis 27. Januar rund 50 Ihrer Fotografien bewundern und auch kaufen kann.

Friedel: Das ist eine Art Test, ein Experiment, die Ausstellung mal woanders zu machen. Viele Galeristen sind kompliziert. Das sind alles Reportage-Fotos aus dem Leben. Wenn es gut läuft, mache ich dort mal eine Ausstellung über Brasilia.

Sie präsentieren sehr persönliche Aufnahmen, etwa von Uschi Glas, oder Romy Schneider. Wie haben Sie es immer wieder geschafft, Prominente vor die Linse zu bekommen?

Friedel: Sie wollten alle in den „Stern“. Das Fernsehen hatte damals noch keine Bedeutung. Sie waren alle sehr nett und haben sich gefreut, dass ein Deutscher mit der Kamera kommt. Bei Sophia Loren habe ich mich als „Cheffotograf der Agentur Blick“ vorgestellt. Die Agentur gab es gar nicht. Den Brief, den ich getippt hatte, wollte keiner sehen. Iris Berben war als Anfängerin bei mir Fotomodell. Wir haben heute noch eine gute Beziehung.

Wie war es, mit Loren zusammenzuarbeiten?

Friedel: Am Set ging es ganz lässig zu. Sophia Loren hat jeden Mittag Spaghetti für die Crew gekocht. Sie ist ungeheuer kollegial zu den Fotografen, bodenständig und selbstbewusst. In dem Film „La bella mugnaia“ („Die schöne Müllerin“) musste sie in einer Szene weinen. Da habe ich ihr geholfen, indem ich ihr eine Zwiebel unter die Augen gehalten habe.

Sophia Loren beschreibt Michael Friedel als bodenständig und selbstbewusst. © Michael Friedel

Ihre Straßenszenen aus Italien sind ebenfalls sehr bekannt.

Friedel: Mein Bild einer italienischen Mutter, die vor einem kommunistischen Parteibüro ihr Kind laust, wurde nach dem Photokina-Preis mehr als 40-mal in deutschen und italienischen Zeitungen veröffentlicht. Ich habe allen eine Rechnung geschickt – und sie haben bezahlt. Ich habe gleich professionell angefangen und besitze die Rechte an all meinen Bildern. Bis heute habe ich immer freiberuflich gearbeitet. Selbst beim „Stern“.

Wie wurden Sie „Stern“-Fotograf?

Friedel: Durch einen Zufall. Die Reportage mit Loren habe ich damals als freier Fotograf an den „Stern“ verkauft. Das Foto von 1955 hatten sie später erneut als Aufmacher veröffentlicht und die Bildredaktion wollte mir nur 150 Mark bezahlen. Ich habe protestiert und ihnen geschrieben, ich möchte 500 Mark und spende es dem Roten Kreuz. Da kam ein Brief von Henri Nannen persönlich: „Das gefällt mir, Herr Friedel, kommen Sie sofort zum ,Stern’. Sie sind bei uns angestellt.“

Ihr Erfolg war häufig an Zufälle geknüpft. Haben Sie ein glückliches Händchen?

Friedel: Nein, das ist Handwerksarbeit. An den glücklichen Zufall oder den lieben Gott kann man nicht denken. Ich habe mich immer gut vorbereitet. Man musste alle Hintergründe wissen, dann kam man immer weiter. Ich habe stets nur die Aufträge angenommen, von denen ich wusste, dass ich liefern kann.

"Als Reporter ist es ungünstig, berühmt zu sein": Fotograf Michael Friedel. © Bild: Franz Frei

Die Schauspielerin Claudia Cardinale durften Sie bei ihr daheim ablichten, waren aber offiziell lediglich Assistent.

Friedel: Ihr damaliger Lebensgefährte hatte den Film „Blow up“ gesehen und dachte, Fotografen seien gefährliche Playboys. Als „Stern“-Fotograf wurde ich abgelehnt. Nun wurde ich als Assistent des Fotografen Angelo Frontoni eingesetzt. Er hat die Blitzgeräte aufgebaut und ich habe Claudia im Schlafzimmer fotografiert, wo sie mit der Katze gespielt hat. Sie hatte viel Spaß, hat die Situation genossen.

Ihr „Spiegel“-Cover von Elvis Presley von 1956, gilt als Drittbeliebtestes seit den 50er Jahren.

Friedel: Ich habe während meines USA-Aufenthalts 1956 immer bei der Magnum-Agentur Kaffee getrunken, weil mich alle Kollegen gut kannten. Da rief der „Spiegel“ an, dass sie ein Foto von Elvis wollten. Elvis hatte Zeit für mich. Er war ein lustiger Knabe. In dieser Zeit kam man nah an die Stars heran. Heute bezahlen manche Zeitschriften eine Million Euro, wenn jemand Exklusivfotos von sich machen lässt. Das ist alles degeneriert.

Gab es Prominente, mit denen die Arbeit weniger schön war?

Friedel: Ja, mit Königin Beatrix von den Niederlanden. Sie kannte mich von vielen Terminen. Als sie 1966 heiratete, bin ich über eine Bekannte darauf gekommen, wo sie Flitterwochen macht. Ich bin dann vor ihr auf der mexikanischen Insel Cozumel aufgetaucht. Sie war stinksauer, dass jemand herausgefunden hatte, wo sie ihre Flitterwochen verbringt. Ich bat um ein einziges Foto und versprach, danach zu verschwinden. Sie sagte „nein“. So wurde ich zum ersten Mal Paparazzo. Ich verkleidete mich als Putzfrau mit Stöckelschuhen, schlich mich ins Ferienhaus und fotografierte, bis ich rausgeschmissen wurde. Ähnliche Aktionen gab es nicht. Ich wollte mit den Leuten auf gutem Fuß sein.

Sie haben auch exotische Reiseziele bekannt gemacht.

Friedel: Im Auftrag von Lufthansa und Condor habe ich Fernreiseziele, tropische Inseln, fotografiert. Für das Urlaubsmodell „Sommerferien im Winter“. Ein Reiseziel fängt mit guten Fotos, Reisekatalogen und Buchungen an. Erst dann ist es ein Charter-Ziel. Die Malediven wurden ein Hit. Der Präsident der Malediven schreibt im Internet: „Michael Friedel hat die Malediven auf die Weltkarte des Tourismus gebracht.“

Mögen Sie es, fotografiert zu werden?

Friedel: Mir ist es egal. Aber es gibt wenige Fotos von mir, da ich mich immer verdeckt halten wollte. Als Reporter war es ungünstig, berühmt zu sein.

Fotografieren Sie denn noch analog?

Friedel: Ich fotografiere nur noch digital. Erstens ist es einfacher, zweitens sind die Bilder besser. Auch, weil man alles kontrollieren kann. Ich lasse daher alle Negative digitalisieren.

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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