Literatur - Beim Poetry Slam im Garten der Heidelberger Villa Nachttanz gibt es keinen eindeutigen Sieger

Historischer Vierfachsieg im Wortgefecht

Von 
Dan Eckert
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Einer der vier Gewinner: Marvin Ruppert aus Marburg.

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Vielleicht hat Marvin Rupperts Großmutter Recht. Die erzählt nämlich auf Kaffeekränzchen, ihr Enkel gehe in Kneipen und Tanzlokale und halte auf Konzertbühnen Vorlesungen. Und so ein bisschen stimmt das ja, auch wenn meist mehr gelacht und applaudiert wird als für gewöhnlich im Hörsaal. Mitnehmen lässt sich trotzdem einiges - an diesem Abend etwa die Erkenntnis, dass es auch beim Poetry Slam nicht immer nur einen Sieger geben muss.

Der vom Deutsch-Amerikanischen Institut initiierte "Word Up!"-Wettbewerb fand sich im malerischen Garten der Villa Nachttanz in bester Festivalatmosphäre wieder, und auch die 13 Teilnehmer zeigten sich von Anfang an in Höchstform. Das stilistische und inhaltliche Spektrum reichte von stiller Poetik bis zu rasend gesponnenem Wortwitzwirrwarr, umfasste die Anschläge vom 11. September ebenso wie schlecht kaffeekochende Schildkröten, und schon in den Vorrunden fiel es schwer, Unterschiede in der wettkampfentscheidenden Applauslautstärke auszumachen.

Derart gleichermaßen begeistert war das Publikum, dass es schließlich fünf statt der üblichen drei Slammer waren, die im Finale um den begehrten Schokopokal rangen. Marvin Ruppert aus Marburg bot herrlich absurde Situationskomik, während der Heidelberger Daniel Wagner zu einem Rundumschlag gegen den alltäglichen Euphemismus ausholte - von der gar nicht weichen Weichbodenmatte bis hin zum "vielseitig interessierten, fantasievollen Kuschelbär" einer durchschnittlichen Kontaktanzeige.

Den unreflektierten Alltag eines Menschen spulte Poetry-Slam-Veteran Grohacke aus Weinheim humorvoll bis zum Exitus ab und die Begeisterung ließ nicht nach, als Aaron Schmitt aus Heidelberg mit "Auf der Stelle reisen" nachdenklichere Töne anschlug und der Marburger Bo Wimmer wortgewaltig über Bücher, Bier und Brüste philosophierte.

Dem Publikum wurde die Entscheidung nicht leicht gemacht - am Ende war nach mehrmaligem Stechen kein eindeutiger Sieger festzustellen und mit einem historischen Vierfachsieg von Ruppert, Wagner, Schmitt und Wimmer ging ein Abend zu Ende, der neben Spaß vor allem eins machte: Lust auf die 16. deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften - ab 13. November in Mannheim und Heidelberg.

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