Dagegen kommt kein Popstar an: Grasende Schafe sind die unbestrittenen Publikumslieblinge der Berliner Max-Schmeling-Halle. Die schwedischen Gotlandschafe, die den Sommer über als natürliche Rasenmäher auf der 3000 Quadratmeter großen begrünten Dachfläche der Arena verweilen, machen aber nicht nur als beliebtes Film- und Fotomotiv von sich reden. Sie stehen auch für das innovative Konzept des Veranstaltungshauses, das in Sachen Nachhaltigkeit bundesweit Maßstäbe setzt.
Das 1996 eingeweihte Gebäude, ursprünglich als Boxarena für die (bekanntlich gescheiterte) Berliner Olympia-Bewerbung 2000 konzipiert und dann als Multifunktionshalle gestaltet, ist als Veranstaltungsstätte ausgelegt, deren Betrieb umweltschonend über die Bühne geht. Das begann schon bei der Planung: Das Bauwerk wurde zu 70 Prozent in die am Standort bereits vorhandenen Trümmerlagen eingegraben und so – wie ein leicht gewölbter Schildkrötenpanzer – in das Landschaftsbild integriert. Als „Grüne Brücke“, der Name rührt von der Dachbepflanzung her, verbindet die Max-Schmeling-Halle die seinerzeit noch getrennten Stadtteile Prenzlauer Berg und Wedding im Osten und im Westen von Berlin.
Dieser Leitgedanke prägt inzwischen das komplette Veranstaltungsmanagement der Veranstaltungsstätte, die von der Velomax Berlin Hallenbetriebs GmbH verwaltet wird. Für ihr Umweltkonzept wird die Halle seit 2010 regelmäßig mit dem Green-Globe-Zertifikat für Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die in 50 Ländern tätige Zertifizierungseinrichtung genießt internationales Renommee. Auffälligstes Merkmal dieses umweltbewussten Konzepts ist die mit 1046 Modulen bestückte Solarstromanlage auf dem Dach des 220 Meter langen Gebäudes. Mit 1749 Quadratmetern ist dies eine der größten Solarstromanlagen auf einem öffentlichen Gebäude in der Bundeshauptstadt (lange Zeit war es die größte). Die Jahresleistung beziffern die Betreiber auf 220 Megawattstunden; das entspräche dem jährlichen Strombedarf von 110 Haushalten. Die CO2-Einsparung wird mit 220 Tonnen angegeben.
Der Veranstaltungsbetrieb der Halle, die über eine maximale Kapazität von 10 000 Plätzen verfügt, ist an Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ausgerichtet. So wird darauf geachtet, dass bei Produktionsabläufen, soweit dies möglich ist, Tageslicht genutzt wird, um auf elektrische Beleuchtung zu verzichten. Die Umstellung auf LED-Leuchtmittel ist in vollem Gang; allein dadurch erhoffen sich die Betreiber einen Rückgang der Schadstoffemissionen von mehr als 60 Prozent.
Die Energieversorgung der Max-Schmeling-Halle wird komplett mit Ökostrom bestritten. Um die CO2-Bilanz zu verbessern, werden regionale Lieferanten beauftragt, das gilt vor allem auch für die Gastronomie. Wert gelegt wurde auch auf eine gute ÖPNV-Anbindung, außerdem arbeiten die Hallenbetreiber mit einem Berliner Fahrradvermieter zusammen. Und im Büroalltag wird nach Angaben von Velomax ein nahezu papierfreier Betrieb angestrebt, um auch dadurch die Emissionen zu reduzieren.
Die besondere Attraktion bleibt aber die Begrünung der schrägen Hallendachflächen. Die dient als zusätzliche natürliche Fassadendämmung und soll das Raumklima im Inneren der Halle verbessern. Auf der Grünanlage sind außerdem mehrere Bienenvölker beheimatet, die eigens von Imkern betreut werden und hauseigenen Honig liefern. Und dann sind da ja noch die Schafe: Seit 2019 weiden sie nach einem von der Hallenbetriebsgesellschaft und dem Berliner Schäfer Björn Hagge erarbeiteten Konzept in den Sommermonaten auf dem Dach, bis dieses komplett abgegrast ist. Mitarbeiter kümmern sich um die Wiederkäuer, geben ihnen täglich Wasser, kontrollieren den Weidezaun. Im Gegenzug machen die Schafe, bevor sie im Winter auf Weiden im Havelland umziehen, für die Halle eine geradezu tierische Öffentlichkeitsarbeit.
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