Es blubbert aus den Subwoofern, die Bühne ist in weißen Nebel gehüllt. Aus dem Ungefähren erscheinen zwei menschliche Silhouetten, beide Wesen tragen große, dunkle Sonnenbrillen. Lucrecia Dalt, in Berlin lebende Kolumbianerin, inszeniert eine geheimnisvoll schimmernde Sci-Fi-Atmosphäre herbei. Sie steht wie leicht schwebend vor Keyboards und Synthesizern, aus der mystisch klingende Schleifen zu tropfen scheinen. Zweiter Akteur ist Alex Lazaro an den Drums, die wie im Cockpit einer Raumkapsel rundherum aufgehängt sind. Es ist wie ein unermüdliches geschmeidiges Klettern um Snare-Drum, Becken und HiHat, als ob es unterhalb der Bühne weitere Räume gebe.
Lucrecia Dalts Gesangsstimme wird durch die ausgefeilte synthetische Klangbildungen häufig verändert, oft ist es ein aus den Tiefen kommendes organisches Hauchen. Angefacht von lebhaften Rhythmen entsteht ein eigenwillig improvisierter Sound. Zwischen den Tracks ihres aktuellen Albums „¡Ay!“ besprechen sich die beiden, der experimentelle Charakter ihrer meditativen Performance scheint immer durch. Manch einer erhofft sich, dass aus Lucrecias Gesang eine Melodie Platz greifen möge oder dass aus dem Keyboard new-wavige Akkorde hämmerten, kleine Passagen versprechen solch eine Entwicklung. Sind es Rhythmen aus Salsa, Samba oder Merengue, was bei ihrer Herkunft nah an den Anden vermuten lässt? Sind es weitergeführte Experimente des Electronic Rock der 70er und 80er Jahre?
Drummer Lazaro als Treiber
Drummer Alex Lazaro ist der Treiber. Er facht den Sound immer wieder mit seinem Weltraum-Groove an: Das ist Neuzeit, das ist Kunst, das ist Innovation. Einziges Manko: Schon nach einer Stunde lassen die Musiker das Publikum im Heidelberger Karlstorbahnhof allein. Beseelt und doch ein wenig ernüchtert ob solcher Sparsamkeit.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-kultur-groove-und-hauchen-aus-der-tiefe-bei-enjoy-jazz-in-heidelberg-_arid,2133866.html