Speyer. Mehr Hitze geht kaum. „Lasst das Thermometer steigen bis das Haus hier brennt“, ruft Samy Deluxe in sein Mikrofon und die Halle 101 in Speyer steht sprichwörtlich in Flammen. Beim „Catch A Fire“-Festival drehen die Temperaturen hoch. Denn Großmeister Samy steht nicht alleine da oben. Um ihn herum heizt so ziemlich das Heißeste, das die deutsche Rap-Szene seit Jahrzehnten zu bieten hat, die Stimmung an. Neben anderen Old School-Größen wie D-Flame, Eko Fresh und Eizi Eiz, aka Jan Delay, stehen Vertreter des neuen Raps mit auf der Bühne. Bausa sowie Gzuz und Maxwell von der berühmt-berüchtigten 187-Straßenbande setzen seit einiger Zeit der Musiklandschaft ihren Stempel auf.
Dass Feuer auch wehtun kann, das bleibt an diesem Abend nicht verborgen. Seit 16 Jahren bringt das Festival hauptsächlich deutschsprachige Künstler aus dem Hip-Hop und Reggae-Bereich nach Südwesten. Dabei hat sich die Reihe vor allem dadurch einen Namen gemacht, dass „Alte Hasen“ und hoffnungsvolle Newcomer zusammen auftreten. Eine gut kuratierte Auswahl, die auf ein offenes Publikum trifft. So sollte es auch bleiben.
Denn auch wenn es in der fast ausverkauften Halle objektiv friedlich zugeht, das Verhalten mancher Gäste hat mit dem im Hip-Hop eigentlich gelebten Spirit von Respekt und Miteinander wenig zu tun. Vor der Bühne werden immer wieder Buhrufe laut, Mittelfinger strecken in die Höhe. Bis irgendwann D-Flame ein bebendes Machtwort spricht.
Der Mann mit der wohl tiefsten Stimme der deutschen Dancehall-Szene begeistert immer noch mit seiner Energie und lässt bei basslastigen Tracks wie „Heisser“ die Eiswürfel auf dem Glasboden tanzen. Zusammen mit Samy Deluxe und dem wegen Krankheit entschuldigten Afrob steht der Frankfurter für die klassiche Sparte auf dem Line-Up. Dass gerade Samy was Technik und Reime-Fluss angeht, immer noch nur schwer das wasser gereicht werden kann, beweist er wie nebenbei.
Wie auch Eko spricht er dabei immer wieder über Migration, spielt mit seinem Lied „Albtraum“ auf die politische Lage an. Drastischer formuliert das der aus Freiburg stammende Rapper Malik. Seine Reime zielen direkt gegen rechtes Gedankengut und die AfD. Ebenso nennenswert an dieser Stelle ist das Kollektiv „Punchlines 4 Sunshine“, das für und mit an Krebs erkrankten Kindern rappt und die Live-Shows an diesem Abend eröffnet.
Weniger sozialkritisch, dafür nah an den Trends geht es weiter. Nacheinander kommen die „Neuen“ auf die Bühne, spielen einen Hit, dann kommt der Nächste. Vorstellungsrunde wie im Wrestling-Ring.
Bausa, der seinen Ohrwurm „Was Du Liebe nennst“ letzten Herbst neun Wochen an der Spitze der Charts halten konnte, verzückt mit seinem Trap-lastigen Autotune-Gesang die vornehmlich jungen Fans. Schluss mit lustig ist dann allerdings, als Gzuz und Maxwell die Bühne entern. Die beiden Vertreter der 187-Straßenbande stehen für harten Rap
ohne Kompromisse – und sorgen mit Abstand für die meisten hochgereckten Handys im Videomodus an diesem Abend.
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