Mannheim. Mit reichlich dramatischem Nebel und gleißendem Licht durchbrechen Giant Rooks eine erwartungsvolle Unruhe. Für das Publikum ist es ein lang ersehntes Wiedersehen, eines der vielen Konzerte, welches Pandemie-bedingt lang auf sich warten ließ. Dementsprechend fast schon zum Zerreißen gespannt ist die Vorfreude, die sich nun im ersten Song entlädt.
Sänger Fred Rabe dreht sogleich eine Runde auf der Bühne, seinerseits sichtbar erfreut, wieder auf der Bühne stehen zu dürfen. Mit „Heat up“ und „100 mg“ heizen er und seine vier Bandkollegen ohne viel Umschweife die Halle auf, die klassische Animation zum Mitklatschen und Nachsingen erweist sich an diesem Abend als Selbstläufer.
Erst nach drei Liedern meldet sich der Sänger zum ersten Mal zu Wort: „Wir sind Giant Rooks.“ Tja, wer das noch nicht weiß, hat gewaltig etwas verpasst. Die Indie-Pop-Band trumpft mit gewohnter und dennoch jedes Mal aufs Neue verblüffender musikalischer Vielfalt auf. Ihre Songs funktionieren live nicht nur unglaublich gut, dank der beeindruckenden Instrumentalisten entwickeln sie auf der Bühne eine Art Eigenleben, gehen fließend ineinander über und entfalten so in der Live-Dimension ihre volle Wirkung.
Ein Eigenleben hat auch das Publikum und bietet einen, wie Sänger Fred Rabe es nennt, überaus „wilden Empfang“. Die „Rooks“ sind zum ersten Mal in Mannheim, stellt er fest (und wird am Ende des Abends noch die Rückkehr in Aussicht stellen). Ganze vier Mal wurde die Tour verschoben, drei Jahre Warten auf diesen Abend. „Wir sind unfassbar froh und können’s kaum glauben, dass wir hier vor 1 500 Menschen stehen.“
Das geht den 1 500 Menschen genauso und begleitet von einem Jubeln wird der nächste Song eingeleitet, ein neues Werk, von denen an diesem Abend noch einige folgen werden. Wer die Band nicht zum ersten Mal live erlebt, dem ist dieser weitere Trumpf bereits bekannt: Die neuen Songs enttäuschen nicht, im Gegenteil, die Vielfalt an zu entdeckenden Schattierungen des Indie-Pop ist scheinbar unermesslich, so mutet der hier das Scheinwerferlicht der Musikwelt entdeckende Song etwa seinerseits psychedelisch an.
Die Indie-Pop-Band Giant Rooks und ihr Weg zum Erfolg
- „Giant Rooks“ wurden 2014 in Hamm von den Cousins Frederik Rabe (Gesang) und Finn Schwieters (Gitarre) gegründet.
- Seit 2015 spielt die Indie-Pop-Band in aktueller Zusammensetzung und veröffentlichte im selben Jahr auch ihre erste EP „The times are bursting the lines“. 2016 folgten Auftritte als Vorband u.a. für Kraftklub und Von wegen Lisbeth.
- Die im Folgejahr erschienene EP „New Estate“ brachte der Gruppe neben einer wachsenden Fangemeinde dann auch den Plattenvertrag mit Irsinn Tonträger (Universal Music). Ein früher Vorbote des sich einstellenden Erfolgs ...
- Bereits für die erste eigene Tour 2017 mussten Termine aufgrund der großen Nachfrage in größere Hallen verlegt werden.
- Die 2019 veröffentlichte dritte EP „Wild Stare“ wurde weltweit über 50 Millionen mal gestreamt und das lang erwartete Debüt-Album „Rookery“, erschienen im August 2020, erreichte Platz drei der deutschen Album-Charts.
- Ende 2021 tourten Giant Rooks mit der Kasseler Folktronica-Band Milky Chance durch Nordamerika. Auf ihrer bisher größten eigenen Tour bespielen sie nun, nach mehrfacher pandemiebedingter Verschiebung wieder die europäischen Bühnen.
- Mit inzwischen mehr als 350 Shows sowie siebenstelligen monatlichen Hörerzahlen bei Spotify gelten sie unlängst als eine der vielversprechendsten Bands Deutschlands.
Das Publikum quittiert die letzten Takte mit unmittelbarer Begeisterung. „Ein Glück“ lacht Fred Rabe erleichtert und erzählt noch kurz vom neuen Album „Rookery“, das gar nicht mehr so neu ist. Im August 2020 erschien das Debüt-Album und wurde damit „quasi in eine Pandemie hineingeboren“, so Rabe.
Die neuen Songs werden also erst jetzt, knapp 2 Jahre später zum ersten Mal live gespielt. Das Schöne daran, stellt der Sänger fest: Die Lyrics sind schon längst bekannt. So auch beim nächsten Song „Very Soon You’ll See“, eher ein Underdog des neuen Albums, dem nichtsdestotrotz textsichere Unterstützung seitens des Publikums zuteilwird.
Die Live-Version entwickelt sich hier zu einem gekonnten Mashup mit „Tom’s Diner“, einem Single-Feature mit Annenmaykantereit. „Wie gehts dir so?“ Tönt in der nächsten Atempause die Frage aus dem Publikum. „Gut. Also…obviously.“ Grinst Fred Rabe und wird im nächsten Moment dann doch etwas aus dem Konzept gebracht.
Es werden Grüße ausgerichtet von der besten Freundin seiner Mutter, welche offenbar die Lehrerin einer Gruppe von Zuschauern ist. „Grüße zurück.“ Lacht Rabe, kurz perplex aber sichtlich amüsiert. „Machen wir mal weiter.“ Gesagt, getan. Es folgt ein exklusiver Live-Song, temporeich und fast schon aufreibend rhythmisch, begleitet von einem spontanen Moshpit-Light im Zuschauerraum. So viel Action muss festgehalten werden, dafür haben Giant Rooks eine kleine Tour-Tradition begründet: Eine Einwegkamera, wie sie dem jungen Publikum bestens bekannt sind, wird herumgereicht. Entwickelt und auf Social Media verewigt werden die Schnappschüsse nach der Tour.
Zum Abschied heißt es: noch einmal hüpfen für alle, denn musikalisch sind noch einige Publikumslieblinge an der Reihe: „Wild Stare“, mit 70 Millionen Streams der wohl bekannteste Song der Rooks und Teil des neuen Albums und „Mia & Keira“, wiederum schon ein Oldie aus der ersten EP 2017. Hartnäckiger Applaus treibt die Fünf allerdings erwartungsgemäß kurze Zeit später wieder auf die Bühne. „Watershed“, einer der Top drei aus dem neuen Album darf schließlich nicht fehlen.
Die Begeisterung ist überschwänglich, selbst als der letzte Ton verklingt, bricht der Publikumsgesang nicht ab. Sänger Fred Rabe steht auf der Bühne, die Hände in die Hüften gestemmt und lacht. Kurzerhand nimmt er doch noch einmal die Gitarre in die Hand und so verabschieden sich an diesem Abend Band und Publikum gleichermaßen.
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