Das Interview - Der Tenor Benedikt Nawrath - ein neues Ensemblemitglied des Mannheimer Nationaltheaters

"Gesamtpaket muss stimmen"

Von 
Monika Lanzendörfer
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Wer unter der Leitung von Helmut Rilling den Evangelisten in Bachs Matthäus-Passion singt, und sei es auch "nur" bei einem Gesprächskonzert, trägt ein Gütesiegel. Benedikt Nawrath absolvierte während seines Studiums zahlreiche Auftritte als Opern- und Konzert-Solist. Jetzt führt ihn ein Zwei-Jahres-Vertrag ans Mannheimer Nationaltheater. Wir sprachen mit ihm über seine Anfänge und künftigen Partien, darunter auch die Knusperhexe.

Herr Nawrath, da Sie in Heidelberg geboren sind und in Buchen zur Schule gingen, liegt die Frage nahe, ob Sie Mannheims Theater kennen.

Benedikt Nawrath: Ja, sehr gut. Meine Eltern haben mit mir früher regelmäßig die Großeltern in den Quadraten besucht. Und abends ging es dann ins Nationaltheater. Hier war ich zum ersten Mal in der "Zauberflöte". Ich weiß noch, dass die Gondel der drei Knaben technische Probleme hatte und der Vorhang geschlossen werden musste.

Haben Sie damals an eine Bühnenkarriere gedacht?

Nawrath: Nein, ich habe erst sehr spät, nach dem Abitur, mit dem Gesang begonnen. Die Gesangslehrerin meiner Mutter ermutigte mich, Unterricht zu nehmen. Ich konzentrierte mich zunächst auf Bach, wurde Mitglied der Gächinger Kantorei und nahm an einer Tournee nach Italien und Spanien teil. Meine ersten Opernerfahrungen machte ich erst während des Studiums an der Würzburger Musikhochschule.

Schon als Student waren Sie an der Kammeroper München und an der Pocket Opera Nürnberg engagiert. Auch in den Bereichen Konzert und Oratorium sind Sie sehr gefragt. Was braucht ein Tenor - abgesehen von einer schönen Stimme und Talent - um sich auf Dauer durchzusetzen?

Nawrath: Sehr viel Disziplin. Leider brechen viele Kollegen ihr Studium ab, weil sie dem Druck nicht standhalten können. Zur Disziplin gehört auch ein gutes Aussehen und körperliche Fitness. Das Gesamtpaket muss stimmen.

Wie halten Sie sich fit?

Nawrath: Ich klettere an der Wand. Das brauche ich als Ausgleich zu meinem Beruf.

Was bedeutet der Festvertrag am Nationaltheater für Sie?

Nawrath: Stabilität. Für mich und meine Familie. Mein kleiner Sohn ist viel mitgereist, unter anderem nach Frankreich und China. In zwei Jahren kommt er zur Schule. Ich merke, dass er jetzt einen festen Platz braucht. Im Februar oder März suchen wir uns hier eine Wohnung.

Was singen Sie derzeit?

Nawrath: Unter anderem Freddy in "My fair Lady" (18.12.) und Knusperhexe in "Hänsel und Gretel" (27.12.)

Kennen Sie diese Aufführung auch noch aus ihrer Jugend?

Nawrath: Ja. Ich kann mich erinnern, dass ich damals vor der Hexe Angst hatte.

Aber vor Ihrer Hexe müssen sich die Kinder nicht fürchten?

Nawrath: Ich teste das bei meinem Sohn. Kinder merken, ob die Hexe böse ist oder nur gemein. Ich möchte die Knusperhexe so melodisch singen, wie sie in der Partitur steht. Sie ist doch eine faszinierende Frau, die sich mit Wortspielen ihren Text zurechtwebt: hinterhältig, agil und facettenreich. Das Kostüm passt mir übrigens ganz genau. Es ist wahnsinnig schwer und mit Ketten behängt. Also, man hat was zu tragen.

Wer ist Ihr Tenor-Vorbild?

Nawrath: Fritz Wunderlich. Er ist unerreichbar. Und Peter Schreier. Mein Ziel ist es, wie er meine Stimme so zu pflegen, dass ich auch noch über die 65 Jahre hinaus singen kann.

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