Auszeichnung - Im „das Haus“ Ludwigshafen wird Daniel Erdmann der SWR Jazzpreis verliehen

Gegenwart und Vergangenheit

Von 
Matthias Spindler
Lesedauer: 
Improvisiert mühelos auf dem Saxofon: Daniel Erdmann. © Rinderspacher

Corona hängt wie eine dunkle Wolke auch über dieser Veranstaltung. Da sagt Saxofonist Daniel Erdmann, der in Frankreich lebende neue Träger des SWR Jazzpreises, ein Stück an, das er im Frühjahr geschrieben hat, unter dem Eindruck des ersten Spaziergangs nach sechs Wochen häuslicher Abgeschiedenheit. Im Sommer dann wieder erste Konzertauftritte; dabei hätte ihn die intensive Reaktion des Publikums erkennen lassen, wie lebensnotwendig Kultur eigentlich sei. Und seinen Dank für das Preisgeld in Höhe von 15 000 Euro versieht Erdmann mit dem Hinweis, nun wenigstens eine „Perspektive“ zu haben in der Zeit eines zweiten Corona-Lockdowns.

Technisch versierter Saxofonist

Dass er den vom Südwestrundfunk (SWR) gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz vergebenen Preis verdient hat, steht nach seinem Auftritt an diesem Abend außer Frage. Daniel Erdmann präsentiert sich an Tenor und Sopran als ein mit allen technischen Möglichkeiten seines Instrumentariums gründlich vertrauter Saxofonist. Eine davon scheint er dabei sogar selbst gefunden zu haben: eine rasend schnelle Legato-Spielweise, bei der die Einzeltöne in vibrierenden Klangflächen verschwimmen.

Wohl dosiert setzt Erdmann diese Technik ein, und erweist sich auch sonst keineswegs als Rabauke. Mühelos improvisiert er über Harmonien ebenso selbstverständlich wie ohne ein solches Gängelband. Nicht selten gar tut er beides in ein und demselben Stück.

Da ist ihm Aki Takase, in Berlin lebende Pianistin, genau die richtige Duo-Partnerin. Eben noch in gefühlvoll intonierten romantischen Klängen schwelgend, haut sie im nächsten Moment mit einer Vehemenz auf die Tasten, dass der Flügel erzittert.

Ohne Gegensätze

Ein Konzept, das von der zweiten Gruppe des Preisträgerkonzerts, Daniel Erdmanns Trio Velvet Revolution, dann auf etwas sanftere Weise, doch mit vergleichbarer Leidenschaftlichkeit weitergeführt wird; ungewöhnlich besetzt mit Theo Ceccaldi an Violine und Viola und Jim Hart am Vibrafon.

Gegenwart und Vergangenheit des Jazz kommen so zugleich auf die Bühne und bilden durchaus keinen Gegensatz. Bezeichnend dafür sind die zwei Zugaben, Richard Rodgers’ Song „Isn’t It Romantic?“ und die Standard-Ballade „Over The Rainbow“: Angestimmt werden sie mit zärtlicher Nostalgie und nicht etwa scharfer Ironie.

Freier Autor Als freiberuflicher Journalist vorwiegend tätig auf dem Gebiet der Jazzmusik.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen